Kennzeichnung von Tieren ein Muss

Warum ist die Rückverfolgbarkeit des Tierverkehrs für die Lebensmittelsicherheit und die Tierseuchenbekämpfung wichtig und auch für den Tierhalter nützlich? Dieser Beitrag gibt Aufschluss.

Wer Klauentiere, Pferde und Esel (Equiden), Geflügel, Bienen oder Fische hält, muss seine Haltung beim Landwirtschaftsamt registrieren lassen. Die Tierhaltung erhält danach eine kantonale Identifikationsnummer, bei Klauentieren und Pferden zusätzlich eine Tierverkehrs datenbank (TVD)-Nummer zugeteilt. Darauf wird der Tierverkehr von sämtlichen Klauentieren und Equiden erfasst.

Standortbezogene TVD-Nummer

Die TVD-Nummer gilt standortbezogen und bleibt auch bei einem Halterwechsel bestehen. Werden Klauentiere des gleichen Betriebs beziehungsweise Tierhalters in mehreren Stallungen gehalten und liegen diese Standorte mehr als drei Kilometer Luftlinie auseinander, so braucht aus tierseuchenpolizeilichen Gründen jeder Standort eine eigene TVD-Nummer. Auch in solchen Fällen muss der Tierverkehr, wie bei jedem anderen Tierverkehr auch, auf der TVD gemeldet sowie ein Begleitdokument mit Kopie (auch elektronisch möglich) erstellt werden.

Um die Identifikation und Rückverfolgbarkeit sicherzustellen, müssen sämtliche Klauentiere und Equiden vorschriftsgemäss und dauerhaft gekennzeichnet werden:

– Rinder und Schafe müssen mit zwei Ohrmarken (OM) individuell markiert sein, wovon bei den Schafen eine OM elektronisch sein muss.

– Ziegen, geboren ab dem 1. Januar 2020, müssen mit zwei individuellen OM versehen sein, ältere Tiere mit einer OM.

– Schweine erhalten eine OM mit der TVD-Nummer der Tierhaltung und mit einer vierstelligen Laufnummer.

– Gehegewild erhält nur eine OM mit der TVD-Nummer der Tierhaltung und ist nicht individuell identifizierbar.

– Equiden müssen spätestens bis zum 30. November des Geburtsjahres mittels Mikrochip und Pass individuell identifizierbar sein (ausser bei einer Schlachtung vor Ende des Geburtsjahres).

– Alt- und Neuweltkameliden, geboren nach dem 1. November 2022, müssen neu mit einem Mikrochip gekennzeichnet werden.

Gutes Beispiel: Mit zwei Ohrmarken korrekt und vollständig markierte Schafe. Bilder: Veterinäramt beider Appenzell
Gutes Beispiel: Mit zwei Ohrmarken korrekt und vollständig markierte Schafe. Bilder: Veterinäramt beider Appenzell

Die Ohrmarken müssen 20 Tage nach der Geburt bei Rindern und 30 Tage nach der Geburt bei Schweinen, Schafen und Ziegen oder spätestens beim Verlassen des Betriebs angebracht sein. Ausgerissene beziehungsweise verlorene Ohrmarken müssen innert drei Tagen nachbestellt und nach Erhalt sofort eingesetzt werden. Bei Geburten oder Ohrmarkenverlust von Sömmerungstieren müssen Ohrmarken des Alpbetriebs genommen oder Ohrmarken vom Heimbetrieb auf den Sömmerungsbetrieb umgeschrieben werden (siehe Anleitung «Ohrmarken verschieben» unter www.identitas.ch/support). Nicht gekennzeichnete Klauentiere dürfen nicht von einer Tierhaltung in eine andere verbracht werden. Die Ohrmarken umgestandener oder getöteter Klauentiere dürfen erst in der Entsorgungsanlage entfernt werden. Die Kennzeichnung der Klauentiere muss einheitlich, eindeutig und dauerhaft sein und die Identifikation des einzelnen Tieres ermöglichen.

Meldungen auf der TVD

Die Bestandesgrösse pro Tierart und der Tierverkehr eines Betriebs müssen einerseits dem Landwirtschaftsamt für den Vollzug der Direktzahlungen, andererseits dem Veterinäramt im Falle einer Tierseuche bekannt sein. Es ist wichtig, dass die Meldungen wahrheitsgetreu und zeitnah die tatsächlichen Tierbewegungen und Tierkontakte abbilden. Nur so ist im Seuchenfall eine genaue Rückverfolgbarkeit des Tierverkehrs möglich. Dazu muss jede Tierhaltung ein aktuelles Tierverzeichnis führen. Dies ist ausser bei Geflügel und Schweinen (mittels Bestandesliste) über die TVD machbar.

Auf der TVD müssen sämtliche Zu- und Abgänge eines Klauentieres innert drei Tagen gemeldet werden. Dazu gehören auch Verendungen oder Totgeburten. Die Geburt von Klauentieren, Equiden und für den Tierverkehr von Equiden besteht eine Meldezeit von 30 Tagen, für die Einstallung von grösseren Geflügelherden zehn Tage.

Zur Förderung der Meldedisziplin werden den Tierhaltern Beiträge für eine Geburtsmeldung und den Schlachtbetrieben ein Entsorgungsbeitrag für jede lückenlose und korrekte Tiergeschichte ausbezahlt. Fehlerhafte Tiergeschichten haben somit Abzüge zur Folge. Es lohnt sich also, die Tiergeschichten auf Vollständigkeit und Korrektheit zu überprüfen und allfällige Fehler vor Abgabe an einen Markt oder einen Schlachtbetrieb zu bereinigen.

Begleitdokumente ausstellen

Wird ein Klauentier in eine andere Tierhaltung verbracht, so muss ein Begleitdokument ausgestellt werden. Das Dokument ist nur am Tag der Standortveränderung gültig. Als Ausnahme kann bei der Sömmerung, und falls keine inhaltlichen Veränderungen (Tierbestand, Gesundheits- und Behandlungszustand) vorliegen, das Begleitdokument wiederholt (ergänzt mit Abgangsdatum und Unterschrift) verwendet werden. Das Begleitdokument ist mit den Tieren mitzuführen und dem neuen Tierhalter beziehungsweise dem Verantwortlichen des Schlachtbetriebes abzugeben.

Beispiel eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitdokuments (Behandlung angegeben, aber Kreuze falsch gesetzt, Fahrzeiten nicht eingetragen).
Beispiel eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitdokuments (Behandlung angegeben, aber Kreuze falsch gesetzt, Fahrzeiten nicht eingetragen). Bild: zVg.

Auch für einen Betriebswechsel von wenigen Stunden oder Tagen (z. B. für einen Natursprung oder für «Ferientiere») muss ein Begleitdokument erstellt und eine elektronische Meldung auf der TVD erfolgen. Das Begleitdokument kann in Papierform oder in elektronischer Form ausgestellt werden, und ein Doppel davon ist drei Jahre aufzubewahren. Das Begleitdokument gilt als Urkunde und die Angaben darauf müssen vollständig, korrekt und wahrheitsgetreu ausgefüllt werden. Bei der Schlachttieruntersuchung wird immer wieder festgestellt, dass Tiere auf dem Begleitdokument unter Punkt 5 als «nicht krank, verletzt oder verunfallt» deklariert werden, obwohl ein gesundheitliches Problem vorliegt. Dies ist in solchen Fällen nicht korrekt und kann zu Beanstandungen führen. Neben falschen Angaben zum Gesundheitsstatus werden auch fehlende Deklarationen von Behandlungen (z. B. bei Entwurmungen, wo die Absetzfrist noch nicht abgelaufen ist) festgestellt. Auch wenn für diese Tiere keine unmittelbare Schlachtung vorgesehen ist, so muss für den Folgebetrieb auf dem Begleitdokument eine noch laufende Absetzfrist einer Behandlung bekannt sein und somit deklariert werden. Ist ein Betrieb wegen seuchenpolizeilicher Massnahmen für den Tierverkehr gesperrt, so dürfen Tiere nur mit einem rosafarbenen «Begleitdokument bei tierseuchenpolizeilichen Massnahmen», ausgestellt vom Veterinäramt, den Betrieb verlassen.

Anlässlich der Primärproduktionskontrollen im Jahre 2022 kam es im Kanton St. Gallen bei 42 Prozent und in den Kantonen beider Appenzell bei 56 Prozent der Betriebe zu Beanstandungen im Bereich des Tierverkehrs. Nicht fristgerechte oder falsche TVD-Meldungen sowie nicht identifizierbare beziehungsweise nicht registrierte Tiere gehörten zu den häufigsten Beanstandungen.

 

Serie Primärproduktion

Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen St. Gallen (AVSV) und das Veterinäramt beider Appenzell hatten in einer vierteiligen Artikelserie über die vier Themenbereiche Tierarzneimittel, Milchhygiene, Tiergesundheit und Tierverkehr berichtet. Das sind wichtige Themen in der Nutztierhaltung, welche bei der Primärproduktionskontrolle (früher bekannt als «Blaue Kontrolle») überprüft werden.

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