Regionaltagung Ostschweiz von Mutterkuh Schweiz in Kirchberg

Lean Farming war das Hauptthema der Tagung von Mutterkuh Schweiz, zu welcher der neue Geschäftsführer Daniel Flückiger begrüsste und von der Marktlage und Bedeutung von Mutterkühen berichtete. Mit Lean Farming kann sich der Landwirt Freiräume schaffen.

Daniel Flückiger, neuer Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, informierte an der Tagung.
Daniel Flückiger, neuer Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, informierte an der Tagung.

Zeit und Ressourcen sparen, Prozesse verbessern, Ordnung schaffen und Systeme entwickeln, um effizienter zu arbeiten, sind einige der Themen, die zum Lean Farming, einer schlanken Landwirtschaft, gehören. «Die Höfe sollen zuerst besser werden, bevor sie wachsen», sagte Thyas Künzle, Lehrer undBerater der Fachstelle Rindvieham Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG). Wenn Prozesse verbessert und vereinfacht werden, könne es zwar mehr Gewinn geben, aber auch mehr Lebensqualität. Er und Christian Manser haben Lean Farming in einem Kurs bei Susanne Pejstrup, der Gründerin dieses Systems, in Dänemark kennengelernt und auch erkannt, dass es für die Schweiz nicht 1:1 übernommen werden kann, weil die Betriebe kleiner sind. «Ihr macht sicher bereits Lean Farming, aber man kann überall besser werden», meinte Thyas Künzle mehrfach.

Aufräumen und sortieren

Als Landwirt müsse man viel unter einen Hut bringen, und deshalb sei es nötig, Freiräume zu schaffen. «Freiräume sind Möglichkeiten zur Entfaltung eigener Kräfte und Ideen», ermutigte er. Freiräume können auch freie Räume bedeuten, konkret, Räume aufzuräumen, auszumisten, Material zu entsorgen oder zu sortieren und logisch zu versorgen. Dort kommt es nach Gebrauch auch wieder hin. Selbstdisziplin ist gefragt, Sauberkeit und Standardisierung. Lean Farming setze auf die Minimierung von Verschwendung, um Kosten und Fehlerquellen zu reduzieren und wertschöpfende Tätigkeiten zu erhöhen. Das Resultat seien mehr Freizeit, mehr Familienzeit, gleicher Verdienst mit weniger Aufwand, weniger körperliche Belastung, mehr Ruhe im Alltag, weniger Feuerwehrübungen, einfachere und schnellere Einarbeitung von Mitarbeitern, gesündere Tiere und lange funktionierende Infrastruktur. Es brauche zu Beginn etwas mehr Energie, aber es gebe letztlich auch mehr Energie. Zwei Fragen könne man sich stellen: «Wäre ich auf diesem Betrieb gerne die schwächste Kuh, und wäre ich auf diesem Betrieb gerne Mitarbeiter?» Oft sehe man die Mängel eher beim Nachbarn als bei sich selber. «Fragen Sie doch den Nachbarn, was er bei Ihnen an Verbesserungspotenzial sieht.»

Verschwendung eliminieren

Thyas Künzle hatte einige eindrückliche Bilder mitgebracht: positive und negative Beispiele. Der selbstkritische Blick auf die eigenen Abläufe, die Arbeitsweise und die Einrichtung könne zu kreativen Lösungen führen. Wenn Geräte geflickt werden, spare dies Zeit und Nerven, saubere Stiefel für Besucher erhöhten die Hygiene, verdrecktes Futter koste Geld, und wenn die Kuh im Futter herumsuche, sei das Futter schlecht und bedeute Verschwendung. Auch eine Überproduktion, unnötige Wartezeiten und unnötige Wege könnten Verschwendung bedeuten. Arbeiten für Lernende könnten notiert und Material gewartet werden. Wenn Tiere sich sträubten, irgendwo durchzulaufen, sei es vielleicht zu eng, zu glitschig oder die Kurve zu eng.

«Manchmal sind es nur kleine Dinge, die sich bereits nervenschonend und zeitgewinnend auswirkten, wie etwa Bürsten an jedem Ort, wo sie regelmässig verwendet werden, oder ein Schlauch in der Nähe. Tränken auf der richtigen Höhe angebracht und leicht zu reinigende Einrichtungen gehörten ebenfalls in diese Kategorie. «Ausserdem gibt es auch überflüssige Genauigkeit. Es muss nicht alles schriftlich in einer Tabelle festgehalten werden», meinte Künzle. Mit der Weisheit «Du bist gleichzeitig die Grenze und das Tor in deine eigene Freiheit» schloss er seine zeitsparenden Informationen, die er in hohem Sprechtempo vermittelt hatte; vielleicht, um den Verzug im Programm wieder wettzumachen.

Absatz erfreulich

Daniel Flückiger, Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, informierte, dass die Vereinigung einige Mitglieder weniger zählt, die Anzahl Tiere jedoch gestiegen ist. Im Kanton St. Gallen gibt es 431 Betriebe mit Mutterkuhhaltung, in Appenzell Innerrhoden 30, in Appenzell Ausserrhoden 47 und im Fürstentum Liechtenstein elf. Die Geschäftsstelle ist von Brugg nach Lupfig umgezogen. Das Angebot an Natura-Beef und Natura-Veal sei in den Wintermonaten jeweils hoch. Die Abnehmer würden jedoch helfen, das Angebot durch Aktionen und Einfrieren abzubauen. «Es ist auf jeder Stufe wichtig, dass dazu beigetragen wird, den Berg zu bewältigen», sagte er. Natura-Beef sei im Moment gefragt, die Lage sei entspannt. Die verschiedenen Marken würden dazu beitragen, Angebot und Nachfrage auszubalancieren. Aus der Vorstandsregion Ostschweiz werden 58 Prozent Natura-Beef geliefert, 27 Prozent Natura-Veal und weitere kleine Anteile. Der Marktpreis sei auf gutem Niveau, der Absatz erfreulich. Flückiger machte die Bedeutung der Mutterkühe bewusst. Eine Studie sei zum Ergebnis gekommen, dass, wenn es das Ziel sei, das Ertragspotenzial des Graslands möglichst auszunutzen, eine ähnliche Anzahl Rindvieh benötigt würde, wie aktuell in der Schweiz gehalten wird. Auch der Bundesrat habe 2022 festgehalten, dass mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche sowie die gesamte Sömmerungsfläche in der Schweiz nur als Dauergrünland bewirtschaftet werden können. Damit auf diesen Flächen ein Beitrag zur menschlichen Ernährung geleistet werden könne, brauche es eine Tierhaltung mit raufutterverzehrenden Nutztieren.

Mehr Nachhaltigkeit

Wie wichtig die Rindfleischproduktion in der Schweiz ist, zeigte Daniel Flückiger auch anhand der Lebensmittel-Konversionseffizienz. Sie beschreibt das Verhältnis zwischen den tierischen Erzeugnissen der Nutztiere und der Essbarkeit der eingesetzten Futterkomponenten für den Menschen. Bei der Energie liegt dieser Wert bei 250 Prozent, beim Protein bei 300 Prozent. In England liegen diese Werte bei der Weidemast unter 50 Prozent bei der Energie und bei rund 60 Prozent beim Protein. Natura-Beef Schweiz schwingt weit oben aus, auch im Vergleich mit Österreich. Bei der Nachhaltigkeit gebe es hingegen noch Luft nach oben. «Beim Thema Klima wollen wir mehr machen», versprach Flückiger. Weiter sprach er ein paar Themen der Agrarpolitik 2030 an und das Thema Wolf, das wie allenthalben auch in diesem Kreis zu Diskussionen führte.

Thyas Künzle verspricht, mit Lean Farming mehr Freiraum zu gewinnen.
Thyas Künzle verspricht, mit Lean Farming mehr Freiraum zu gewinnen.

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