Landwirtschaftsrat will bürgerliche Regierungsräte

Der St.Galler Bauernverband (SGBV) lud bisherige und neue Regierungsratskandidaten zu einem Hearing in den Hofkeller nach St.Gallen ein. Auch die Kantonsratswahlen waren Thema. Der Landwirtschaftsrat fasste zudem Parolen zu den Initiativen zur Altersvorsorge und zur Biodiversitätsinitiative.

Am Sonntag, 3. März, finden im Kanton St.Gallen Erneuerungswahlen statt. Die Regierungsräte Stefan Kölliker (SVP) und Fredy Fässler (SP) treten zurück. Laura Bucher (SP), Bruno Damann (Mitte), Susanne Hartmann (Mitte), Beat Tinner (FDP) und Marc Mächler (FDP) möchten das Amt als Regierungsrat weitere vier Jahre ausüben. Acht weitere Personen kandidieren für einen der sieben Sitze: Sarah J. Bösch (parteilos), Patrick Jetzer (Aufrecht SG), Alfred Tobler (parteilos), Daniel Bosshard (Grüne), Christof Hartmann (SVP), Sarah Nogler-Engeler (GLP), Bettina Surber (SP) und Dana Zemp (SVP). Alle Kandidierenden wurden in der «St.Galler Bauer»-Ausgabe 4 vom 26. Januar vorgestellt. Daniel Bosshard, Christof Hartmann, Sarah Nogler-Engeler, Bettina Surber und Dana Zemp sowie die fünf bisherigen Regierungsräte standen am Hearing des Landwirtschaftsrats des St.Galler Bauernverbands (SGBV) im Hofkeller Red und Antwort.

Die Bisherigen im Fokus

Mathias Rüesch, Geschäftsführer des SGBV und Thomas Kempf, Vizepräsident des Zentralvorstands und Sektionspräsident Ostschweiz von Suisseporcs, leiteten das Podium und nahmen die Regierungsratskandidaten in die Zange. In einer ersten Runde befragten sie die Bisherigen zu ihrer Motivation und zu ihrer Nähe und Verbindung zur Landwirtschaft. Auch Wil West wurde aufs Tapet gebracht.

Beat Tinner, jetziger Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartement, ist von diesem Projekt überzeugt. «Im Kanton St.Gallen muss es möglich sein, dass grössere Areale in strategischen Arbeitsplatzgebieten gebündelt weiterentwickelt werden können», sagte er. Angesprochen auf die bisherige Bilanz zum Wolfsabschuss («nur» zwei von acht Tieren des Calfeisenrudels), verteidigte Tinner das Amt für Natur, Jagd und Fischerei (Anjf). Im Kanton St.Gallen gäbe es nur sieben Wildhüter, im Kanton Graubünden seien 59 Wildhüter angestellt. «Es wurden immerhin zwei Tiere geschossen. Diese Quote ist nicht schlecht.»

Auch Marc Mächler steht hinter dem Projekt Wil West. Er gesteht Fehler ein, die an der Urne zu einem Nein geführt hätten. Er wies darauf hin, dass es noch in diesem Jahr eine weitere Vorlage geben werde. Thomas Kempf sprach den Vorsteher des Finanzdepartements auch auf die steigenden Energiekosten an. Mächler sagte, dass die Kosten vom Markt getrieben seien und dass der angestrebte Umbau von fossil zu erneuerbar seinen Preis habe. «Der Umbau wird Kosten.»

Die bisherigen Regierungsräte Marc Mächler, Laura Bucher, Bruno Damann, Susanne Hartmann und Beat Tinner (von links).

Laura Bucher, Vorsteherin des Departements des Innern, ist die soziale Absicherung, unter anderem auch für Bäuerinnen und Bauern, sowie die Alterspolitik, wichtig. Nebst Sozialem, Kultur und Weiterem, ist die Denkmalpflege in ihrem Departement angesiedelt. «Viele Bauern sind in denkmalgeschützten Häusern daheim, eine bautechnische Weiterentwicklung ist nur beschränkt möglich und Baugesuche sind lange hängig», sagte Mathias Rüesch. Laura Bucher ist diese Herausforderung bekannt. Die langen Wartezeiten hätten nicht nur mit der Denkmalpflege zu tun. Bauen ausserhalb der Bauzone sei immer kompliziert. Sie begründete die langen Wartezeiten für Bescheide mit fehlenden Stellen in der Denkmalpflege.

Im Gesundheitsdepartement ist auch das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen angegliedert. «In der Wahrnehmung der Branche ist der Kanton Thurgau im Falle eines Ausbruchs der afrikanischen Schweinepest (ASP) bereit», sagte Mathias Rüesch und sprach die zahlreichen Übungen mit Hunden und Drohnen an. Vom St.Galler Veterinäramt sei aber nichts zu hören. «Ist der Kanton St.Gallen vorbereitet?» Bruno Damann versicherte, dass der Kanton parat sei und sogar von Bern gute Rückmeldungen erhalten habe. Rüesch riss auch die Spital- und Notfallsituation in den ländlichen Gegenden an und fragte, ob die Bevölkerung genügend versorgt sei. Für stationäre Behandlungen seien grössere Distanzen zumutbar, sagte Damann. Einsätze für ambulante Notfälle müssen wohnortsnah organisiert sein. Dem Rettungsdienst falle hier eine wichtige Rolle zu. Im Kanton St.Gallen seien Rettungen in 90 Prozent der Fälle innerhalb von 15 Minuten zu jedem Wohnort möglich.

Susanne Hartmann ist Vorsteherin des Bau- und Umweltdepartements. Projekte wie das Rhesi und die Thursanierung fällt in ihr Departement. «Unser Anliegen ist es, die Bevölkerung vor Hochwasser zu schützen», sagte sie. Die Kritiken werden ernst genommen, es werden sozialverträgliche Lösungen angestrebt. Wichtig sei der Austausch mit den betroffenen Landwirten.

Neue unter der Lupe

Auch die Neukandidierenden stellten sich der Fragen der beiden Podiumsleiter. Der grüne Daniel Bosshard zeigt sich offen für die Regulierung des Wolfs, diese müsse aber Verhältnismässig sein. Der Kantonsrat und Öko-Berater hat einigen Kontakt mit Bauern und steht mit Bewirtschaftern im Austausch. Kulturlandschutz ist ihm wichtig.

Dana Zemp von der SVP sagte, dass ihr als Ärztin gesunde und lokal produzierte Lebensmittel wichtig sind. Sie sieht den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft als Problem. Ärzten ginge es nicht anders, sagte sie, auch sie werden «zugemüllt» mit Bürokratie.

Sie wollen ebenfalls in die Regierung: Bettina Surber, Daniel Bosshard, Sarah Nogler-Engeler, Dana Zemp und Christof Hartmann (von links).

Die GLP-Kantonsrätin Sarah Noger-Engeler ist Primarlehrerin und Lehrbeauftragte der Pädagogischen Hochschule. Sie betonte die Wichtigkeit der Bildung und den Übergang zur Berufsschule. Die Anschlussfähigkeit der jungen Menschen an eine Berufsschule sei wichtig. Sie sieht Potenzial in der Aufwertung von Biodiversitätsförderflächen im Siedlungsgebiet und Privatgärten.

Bettina Surber, SP-Kantonsrätin und Juristin, ist dem Land aufgewachsen. Ihr sind die Anliegen der Bauern bekannt. Hohe Energiekosten machen der Bevölkerung zu schaffen. Angesprochen auf die Windkraft, erneuerbar sei aber mit Kulturlandverlust einhergehe, sagte sie: «Wir müssen uns von der ausländischen Abhängigkeit lösen und im Inland Strom produzieren. Für die Windkraft müsse man Orte finden, die sinnvoll seien und wo es auch Wind habe.

Christof Hartmann, SVP-Kantonsrat, hat lange Erfahrung in der Politik. Er ist bereit für den nächsten Schritt. Seine Frau sei eine Bauerntochter. Er stehe unter grosser Beobachtung. Die Wolfsregulierung sieht er als einziger Weg, die Alpwirtschaft aufrecht zu erhalten. Im Fokus steht Hartmann derzeit wegen eines Gerichtsfalls. Ihm wurde Amtsmissbrauch vorgeworfen, das Gericht sprach Hartmann tags zuvor frei. Über den Fall berichteten verschiedene Medien. Er habe das Urteil nicht anders erwartet, sagte er und erklärte, dass er an seiner Kandidatur für den Regierungsrat festhalte.

Markus Ritter, Nationalrat und Präsident des Schweizer Bauernverbands, betonte im Anschluss an das Hearing die Wichtigkeit der Wahlen von Anfang März und dass die bürgerlichen Parteien zusammenstehen müssen. Die Wirtschaftsverbände gäben Empfehlungen für bürgerliche Kandidaten heraus, der SGBV solle dem Beispiel folgen, sagte er. So wurde der Antrag gestellt, dass die sechs bürgerlichen Kandidaten zur Wahl zu empfohlen werden. Der Antrag wurde vom Landwirtschaftsrat einstimmig angenommen.

Alle Regierungsratskandidatinnen und Regierungsratskandidaten werden im Beitrag Diese Kandidaten wollen in die St.Galler Regierung genauer vorgestellt.

Bäuerliche Kantonsratskandidaten

Nicht nur der Regierungsrat wird neu gewählt. Über 1010 Personen möchten einen der 120 Sitze im Kantonsrat. Das Ziel des SGBV ist es, dass mehr bäuerliche Personen die Landwirtschaft im Kantonsrat vertreten und das in jedem Wahlkreis ein Sitz dazugewonnen werden kann. 38 Personen werden nun vom Verband unterstützt. Sie erfüllen die von einer Arbeitsgruppe des SGBV definierten Kriterien. Diese Frauen und Männer werden in den Printausgaben des «St.Galler Bauer»-Ausgabe 5 vom 2. Februar und in der Ausgabe 6 vom 9. Februar (2024) vorgestellt.

Peter Nüesch, Präsident des SGBV, hob die Wichtigkeit hervor, in den eigenen Reihen zu mobilisieren. Wichtig seien auch die ersten und zweiten Ersatzplätze. Nüesch weiss, wovon er spricht. Er selbst rutschte 2022, nach dem Rücktritt von Stefan Britschgi, für die FDP in den Kantonsrat nach. Kantonsrätin Franziska Steiner-Kaufmann, Präsidentin der Mitte St.Gallen, machte darauf aufmerksam, dass diese Wahlen und der Aufbau der Kandidaten auch eine Chance für die nächsten kommunalen Wahlen seien. Denn auch in den Gemeindegremien sollen nach Möglichkeit die Sitze bäuerlich besetzt werden können.

Drei Mal ein Nein

Nach dem Podium mit den Kandidaten für die Regierung und dem Beschluss zu den Kantonsratskandidaten, informierte Mathias Rüesch über Verbandstätigkeiten und die aktuellen Herausforderungen (siehe Kasten). Danach ging es politisch mit den beiden Volksinitiativen zur Altersvorsorge und zur Biodiversitätsinitiative weiter.

Der Landwirtschaftsrat hatte im Hofkeller über einige Geschäfte abzustimmen.

Die Initiative für eine 13. AHV-Rente will Bezüger einer Altersrente einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente ermöglichen. Bei der Renteninitiative soll das Rentenalter für Frauen und Männer schrittweise von 2028 bis 2033 auf 66 Jahre erhöht werden. Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands sprach sich dagegen aus und empfahl am 3. März zwei Mal ein Nein in die Urne zu legen. Die Mitglieder des Landwirtschaftsrats folgten der Empfehlung und fassten die Nein-Parole für beide Vorlagen.

Auch die bereits schon länger diskutierte Biodiversitätsinitiative steht an. Der Abstimmungstermin ist noch offen. Die Verbände sind jedoch in den Startlöchern für ihre Gegenkampagne. Der Landwirtschaftrat fasste die Parole zur Ablehnung der Initiative einstimmig.

 

Informationen aus dem Verband

-Kick-Off-Kampagne gegen die Biodiversitätsinitiative

-Die Fachstelle Falun wird reoganisiert

-Die Bauernverbände St.Gallen, Appenzell Inner- und Ausserrhoden sind mit einem Stand an der Tier & Technik

– Grossraubtierproblematik

– Projekt Rhesi

– Berufsbildung, Lehrvertriebsverbund und ÜK

-Verschiedene Vernehmlassungen

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