«Die Regulierungen herunterfahren»

Eine amtierende Ständerätin und zwei amtierende Nationalräte stellten sich mit acht Nationalratskandidatinnen und -kandidaten den Fragen von Christian Manser. Den Rahmen dafür bot die neue Halle der Traber Landmaschinenbetrieb AG in Oberbüren. Der Anlass sorgte für einen Grossaufmarsch.

Die anwesenden Kandidierenden für den Nationalrat mit Ständerätin Esther Friedli.
Die anwesenden Kandidierenden für den Nationalrat mit Ständerätin Esther Friedli.

Christof Signer, Präsident der Landwirtschaftlichen Vereinigung Region Wil, ermunterte in seiner Begrüssung die Anwesenden, wählen zu gehen. «Heute Abend haben Sie die Gelegenheit, die Kandidierenden kennenzulernen.» Nebst Ständerätin Esther Friedli und den Nationalräten Markus Ritter und Mike Egger waren bäuerliche Kandidierende der Mitte anwesend: Philipp Schönenberger aus Rossrüti; Sepp Sonnhauser aus Rossrüti; Franziska Steiner aus Gommiswald und Andreas Widmer aus Mühlrüti. Von der FDP: Vivienne Oggier aus Kriessern und Christoph Züger aus Niederbüren. Von der SVP: Ursula Egli aus Rossrüti und Marco Gadient aus Flumserberg. Christian Manser von der Fachstelle Rindvieh des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen war als Moderator der Garant, dass der Anlass nicht zu politisch wurde. Die Kandidierenden durften von ihrer Motivation, zu kandidieren, erzählen und über politische Anliegen sprechen. Die eingestreuten spitzen Bemerkungen des Moderators lösten einige Lacher aus.

 

Kritisch sein, selber denken

Eingangs erklärte der gestandene Mitte-Nationalrat Markus Ritter die Voraussetzungen, die es für das Amt im Nationalrat braucht. «Man muss wissen, wie das Spiel läuft, mit allen politischen Möglichkeiten, muss Dossiers lesen, einen guten Kontakt zur eigenen Fraktion pflegen, die Fähigkeit haben, Mehrheiten zu bilden. Man muss kontaktfreudig sein und ein möglichst fröhliches Gesicht behalten.» Vivienne Oggier, die Kriesserin mit dem Familiennamen aus dem Wallis, würde sich gerne dafür einsetzen, dass Landwirtinnen und Landwirte aufgrund ihrer Ausbildung eigenverantwortlicher arbeiten können und weniger Vorschriften beachten müssen. Sie ist

Die Bürokratie muss heruntergefahren werden.

selber von solchen Entscheidungen betroffen, da sie mit ihrem Partner einen Hof bewirtschaftet. Sie ist motiviert, die Politik aktiv mitzugestalten. Sie ist Agronomin ETH, Beraterin und Lehrerin Fachstellen Gemüsebau und Bienenhaltung am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen. Was sie ihren Schülerinnen und Schülern mitgebe, wollte Christian Manser wissen. «Sie sollen kritisch sein und selber denken.» Andreas Widmer fühlt sich nach seinem langjährigen Einsatz als Kantonsrat noch fit genug, um Nationalrat zu werden. Wichtige Entscheidungen seien noch nicht getroffen worden. Für ihn ist eine nachhaltige und gesunde Entwicklung des ländlichen Raumes wichtig. «Das Grundeigentümerrecht muss gestärkt werden. Ich bin bereit, den Pickel nochmals einzuschlagen.»

Auf Augenhöhe diskutieren

Esther Friedli fühlt sich im Ständerat wohl. «Es geht ruhiger zu und her als im Nationalrat; es ist fast wie in einer Schulklasse.» Sie findet die bäuerliche Vertretung im Ständerat wichtig und setzt sich entsprechend für die Landwirtschaft ein. Privat auf dem Hof in Ebnat-Kappel ächzt sie unter den Vorschriften. «Die Bürokratie muss heruntergefahren werden», sagte auch sie. Dieses Anliegen wurde auch von anderen Kandidierenden geäussert. Marco Gadient bewirtschaftet Boden im Tal- und im Berggebiet. Für ihn ist eine optimale Nutzung von Land dringend. «Eine Buntbrache und ein Gnadenhof bedeuten Food Waste», deutete er die Vorschriften rund um die Biodiversität. Der Landwirt müsse Nahrung produzieren und nicht Geld erhalten fürs Nichtstun. «Das goutiert die Bevölkerung nicht.» Sepp Sennhauser ist der Leserbriefschreiber unter den Bauern. «Man muss sagen, was Sache ist. An den Reaktionen merke ich, dass ich den Nerv der Bauern treffe.» Man habe mit politischen Vorstössen die Möglichkeit, etwas zu ändern, und müsse mit Entscheidungsträgern Auge in Auge diskutieren und an Themen dranbleiben. «Verwaltungsmühlen mahlen langsam.» Christoph Züger ist noch bis Ende 2024 CEO der Züger Frischkäse AG. Die Hartnäckigkeit, die er im Geschäftsleben beweisen musste, würde er auch als Nationalrat einsetzen. Das duale Bildungssystem ist eines seiner Themen. «Wir brauchen gut ausgebildetes Fachpersonal in der Landwirtschaft und in der Produktion.» Auch die Versorgungssicherheit ist ihm ein Anliegen. «Der Staat muss garantieren können, dass genug Energie vorhanden ist.»

Esther Friedli ist ein Zugpferd für die eidgenössischen Wahlen.
Esther Friedli ist ein Zugpferd für die eidgenössischen Wahlen.

Franziska Steiner, Kantonalpräsidentin der Mitte, ist vielfältig unterwegs. Als Kantonsrätin, als Schulleiterin und als Bäuerin. «Es braucht überall Geduld und Durchhaltewille. Wenn man Freude an einer Sache hat, dann schafft man das. Es braucht Menschen, die gemeinsam unterwegs sind», ist ihre Überzeugung. Philipp Schönenberger, Vizepräsident des St. Galler Bauernverbands, ist der Meinung, dass man als Bauern zusammenstehen müsse. «Egal, aus welcher Partei. Ich merke, dass wenig Wissen über die Landwirtschaft vorhanden ist, und deshalb müssen wir sie erklären.» Das sagte auch Mike Egger, dem es wichtig ist, bei den Leuten zu sein, mit ihnen zu reden und ihnen zuzuhören. «Man kann etwas bewegen, wenn man intensiv dranbleibt. Die Landwirtschaft ist mehr reguliert als die Stromwirtschaft», stellte er fest. «Wir müssen die Regulierungen runterfahren», wiederholte auch Ursula Egli, die mit ihrer Familie einen vielseitigen Betrieb führt. Sie bringt den landwirtschaftlichen Blick als Stadträtin in Wil ein und ihr liegen auch die KMU am Herzen.

Welle erzeugen

Es war Markus Ritter vorbehalten, das Schlussplädoyer zu halten. Dieses fiel gewohnt leidenschaftlich aus, wobei die linken Parteien ihr Fett wegbekamen. «Wir müssen die Weichen stellen und die Wahlen gewinnen. Es braucht den Rutsch der Bürgerlichen, damit wir die Anliegen der Landwirtschaft kreativ und positiv umsetzen können. Wir müssen endlich anfangen, für die Landwirtschaft zu agieren und nicht nur abzuwehren.» Die Wahl von Esther Friedli sei ein Testlauf für die Wahlen vom 22. Oktober gewesen. Und es habe sich gezeigt: «Wir können es.» Den jungen Landwirten müssten Perspektiven hinterlassen werden. «Wir müssen zusammenhalten

und uns äussern.» Die Bewegung müsse von unten kommen. Alle seien gefordert, eine Welle zu erzeugen. Der ländliche Raum sei gefragt. Das seien die Stimmen, die die Bürgerlichen holen könnten.

 

Der Gastgeber

Die Traber Landmaschinenbetrieb AG ist vor knapp einem Jahr in Oberbüren in einen Neubau gezogen, nachdem der Platz in Algetshausen zu eng geworden war. Acht bis zehn Leute, darunter zwei Lehrlinge, arbeiten bei der Firma, die Landmaschinen verkauft, repariert, Transporte übernimmt und Maschinen bei der Feldkompostierung einsetzt, wie Thomas Traber, der Geschäftsführer, am Politanlass informierte. Ausserdem beschäftigt sie Sandro Weber, der 2021 bei den Euro Skills als Landmaschinenmechaniker Gold gewonnen hatte. hlo.

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