Ein talentierter Tausendsassa

Christian Maag aus dem thurgauischen Hauptwil ist gelernter Landmaschinenmechaniker. Nebst seinem technischen Wissen verfügt er über einen enormen Erfindergeist, der wohl kaum zu überbieten ist. Er versteht es, alten Dingen auf besondere Art und Weise neues Leben einzuhauchen.

Der Thurgauer ist ein begnadeter Künstler und genialer Tüftler mit einem enormen Erfindergeist.

Auf seinem Smartphone sind rund 22 500 Fotos und 3000 Videos mit nostalgischen, teils ausgefallenen Fahrzeugen und Gegenständen. Christian Maag zeigt ein eindrückliches Video von seinem drehenden Stewi mit Flachriemenantrieb, den er selber konstruiert hat. Es sei eine der ersten Stewi-Wäschespinnen überhaupt, mit hölzernen Armen und Hanfseilen, bemerkt er. Wasserpumpe, Waschmaschine, Schwinge und Schleifstein gehören ebenfalls zu dieser aussergewöhnlichen Stewi-Selbstkonstruktion. Sie werden von einem alten Motor über eine Transmission mit Flachriemen in Bewegung gesetzt. Der gelernte Landmaschinenmechaniker Christian Maag wohnt in der knapp 1250-Seelen-Gemeinde Hauptwil im Kanton Thurgau. Sein Herz schlägt für alte Gegenstände, die sonst grösstenteils auf dem Schrottplatz landen würden. Der 38-jährige Hauptwiler haucht den kaputten, unbrauchbaren Gebrauchs- und Alltagsgegenständen in seiner Freizeit neues Leben ein. Ein Grossteil davon sind Fahrzeuge, Maschinen und Motoren – einzige Bedingung: Sie müssen möglichst alt sein. Ein neuer Gegenstand würde nicht in das Spektrum passen. Sein Sammelsurium besteht mittlerweile aus vier Oldtimer-Traktoren, einem Land Rover, gegen 100 Motoren und unzähligen selbst kreierten Gegenständen sowie Zubehörteilen, die an das Leben anno dazumal erinnern. «Wenn man lange genug alte Dinge sammelt, kann daraus etwas entstehen, das so manche Leute erfreut, aber auch zum Staunen bringt», erklärt Christian Maag. Er werde oftmals belächelt, wenn er Alteisen zu sich nach Hause nehme und dort lagere, bis er dafür Verwendung habe. Ganz nach dem Motto: Kommt Zeit, kommt Rat. Christian Maag ist ein Tausendsassa, ein begnadeter Künstler und genialer Tüftler mit einem enormen Erfindergeist.

Christian Maag wechselt an einem Traktor den Alternator aus.
Christian Maag wechselt an einem Traktor den Alternator aus.

Fundstücke vom Alteisenplatz

Seine Leidenschaft hat schon früh begonnen. «Als Primarschüler bin ich oft mit dem Velo nach Waldkirch gefahren. Dort hatte es früher einen Alteisenplatz, auf dem ich stets einiges zum Basteln entdeckte», erinnert sich Christian Maag. Sein Grossvater habe ebenfalls gerne gebastelt, sein Vater hingegen weniger. «Mein Vater war eher der Modellisebähnler.» Als Jugendlicher hat Christian Maag manchmal einen Gegenstand geflickt und dann verkauft, wenn er nichts anfangen konnte damit. Dies sei beispielsweise mit einem 50-PS-Aussenborder-Bootsmotor geschehen. «Ich habe ihn repariert und im Brunnen vor dem Elternhaus ausgetestet.» Er habe halt schon immer gerne getüftelt und ausprobiert. «Die Leute denken oftmals, es handle sich nur um Gerümpel. Ich jedoch sehe in den alten Gegenständen bereits das nächste Projekt. Mein Ehrgeiz spornt mich an», erklärt er.

Anfangs hat Christian Maag in seiner Freizeit nur Motoren geflickt, später dann Fahrzeuge und aussergewöhnliche Maschinen revidiert und diese mitunter zusammengefügt. Dabei verrät er, dass er demnächst aus zwei alten Meili-Traktoren einen einzigen herstellen möchte. Die Zeit mache ihm zwar immer wieder einen Strich durch die Rechnung. «Es ist furchtbar lästig, dass es zwischen den Bastelwochenenden stets einen fünftägigen Unterbruch gibt. Aber letztlich muss ich ja auch Geld verdienen, um wieder in Edelschrott investieren zu können», sagt der Landmechaniker und lacht. Doch Christian Maag betont, dass er seinen Job bei der HS Mechanik in Wilen-Gottshaus genauso liebe wie sein Hobby. Denn auch dort könne er in der Werkstatt Maschinen reparieren und warten.

Christian Maag auf seinem schnellen Eigenbauvelo.

Vor ungefähr 15 Jahren hat Christian Maag begonnen, seine aussergewöhnlichen historischen Objekte, die er in seiner Freizeit herstellt, an Oldtimer-Ausstellungen einem breiten Publikum zu zeigen. Unterdessen reist er damit durch die ganze Schweiz. Er ist Mitglied im Verein Freunde alter Landmaschinen Sektion Ostschweiz (Falso). Christian Maag erzählt, dass sich seine Mutter vor rund zehn Jahren ein teures E-Bike gekauft habe. Er wollte aber beweisen, dass es auch anders geht, und suchte nach einer kostengünstigen Lösung. Aus einem alten Velo mit Stahlrahmen baute er ein Fahrzeug, das eine Höchstgeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern erreicht. Bei einer defekten Obstauflesemaschine baute er den funktionstüchtigen Honda-Motor aus und montierte ihn auf den Gepäckträger des Velos. Die Pedale schraubte er weg und ersetzte diese durch die Riemenscheiben der Obstauflesemaschine. Die Zuschauer hätten nicht schlecht gestaunt, als er mit seinem schnellen Eigenbau-Rennvelo, das er Greta Thunbergs Klima-Express nennt, am Einachserrennen im thurgauischen Lanterswil auf der Überholspur war.

Gefühl von Freiheit

Woher kommt diese Begabung? Während seiner vierjährigen Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker sei ihm ein breit gefächertes Wissen vermittelt worden. Aber auch bei ihm gelte «learning by doing». Denn Erfahrungen könnten nur beim Tüfteln und Ausprobieren gemacht werden. Bereits sein Vater habe ihm beispielsweise erklärt, dass sich Aluminium und Eisen nicht zusammenschweissen lassen. Der Schmelzpunkt von Aluminium liegt bei 660 und jener von Eisen bei 1538 Grad Celsius.

Christian Maag konnte vor 15 Jahren einen alten Land Rover übernehmen, der bis dahin als Feuerwehrfahrzeug im Einsatz war. «Ich bin in der Feuerwehr Hauptwil, und damals musste dieses kaputte Auto ersetzt werden. Sofort wusste ich, dass dieser Land Rover etwas für mich wäre, obschon ich einmal mehr für eine solche Anschaffung belächelt wurde.» In unzähligen Stunden habe er dieses Fahrzeug dann wieder «zwäg» gemacht. Sechs Jahre später sei er damit nach Grossbritannien gefahren und habe das Land-Rover-Stammwerk in Solihull, zwischen Birmingham und Coventry in den West Midlands, besucht. Ein Jahr darauf ging er mit diesem Land Rover auf eine zweiwöchige Reise nach Dänemark, Norwegen, Schweden und zurück, insgesamt waren es 4500 Kilometer. «Ausflüge mit Oldtimern vermitteln mir ein Gefühl von Freiheit», erklärt Christian Maag. Zudem sei es ein wunderbares Erlebnis, ein defektes Fahrzeug selber instand zu stellen und es wieder fahrtüchtig zu machen. Er lerne dadurch sein Gefährt in- und auswendig kennen und könne auch nach einer gewissen Zeit ein Ergebnis sehen.

Christian Maag bringt eine Wasserpumpe mit einem Benzinmotorantrieb, der aus dem Jahre 1920 stammt, zum Laufen.
Christian Maag bringt eine Wasserpumpe mit einem Benzinmotorantrieb, der aus dem Jahre 1920 stammt, zum Laufen.

Die Mehrheit seiner erworbenen Gegenstände und Zubehörteile findet der Landmaschinenmechaniker im Internet. Er sei schon in einer Nacht-und-Nebel-Aktion wegen eines besonderen Elektromotors nach Cuxhaven an der deutschen Nordseeküste gefahren. Inzwischen habe es sich auch herumgesprochen, dass er ein Sammler von Antikem sei. Da sich in all den Jahren so einiges angesammelt hat, wurde der Platz um sein Elternhaus knapp. Mittlerweile konnte er zusätzlich in der näheren Umgebung einen Stall und eine Scheune mieten, um seine Fahrzeuge, Maschinen, Motoren und Zubehörteile einzulagern. Seine stolze Motorensammlung zeigt, dass Christian Maag grosse Freude an Motoren hat. Den kleinsten könne er in die Hand nehmen, der grösste sei ein Dieselmotor mit zwölf Zylindern aus einer Lokomotive. Ursprünglich habe er einfach alles gesammelt. Inzwischen sei er wählerischer geworden, sagt er.

Sein nächstes Projekt sei ein alter Kühlschrank, den er reparieren möchte. Dieser sollte dann mit Flachriemen angetrieben werden. Seine Kollegen und er hätten festgestellt, dass gerade im Sommer ein kühles Bier eine willkommene Erfrischung wäre. Deshalb wird nun an einem extravaganten Kühlschrank getüftelt.

Der Tüftler und Künstler steckt viel Herzblut und Leidenschaft in sein Hobby. «Wenn ich dies nicht machen könnte, würde mir etwas fehlen.»

Freude an Oldtimern

In loser Folge stellt der «St. Galler Bauer» Oldtimer-Freunde und ihre Fahrzeuge vor. In jedem Oldtimer steckt ein Stück Zeitgeschichte. Was macht den Oldtimer für seinen Halter so besonders? In dieser Ausgabe präsentiert Christian Maag seine Raritäten. red.

 

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