Rückblick auf den Pflanzenbau 2023

Unter anderem die wechselhaften Wetterbedingungen, aber auch Schädlinge und Krankheiten sowie ökonomische Herausforderungen beeinflussten das Wachstum und die Erträge der verschiedenen Pflanzenbaukulturen. Ein Rückblick auf das vergangene Jahr.

Das Wetter spielte 2023 eine zentrale Rolle in der Obstproduktion. «Der kalte und nasse Frühling beeinträchtigte die Bestäubung der Blüten und Blütenknospen – im Sommer haben sich die Unwetter dann in der Ostschweiz und im Wallis negativ auf die Erntemengen ausgewirkt, und die Hitzeperiode hat zusätzlich vor allem dem Steinobst stark zugesetzt», erklärt Chantale Meyer vom Schweizer Obstverband (SOV).

Die Wetterbedingungen führten ausserdem zu Schwierigkeiten in der Bekämpfung von Krankheiten wie Schorfbildung beim Apfel. Aber auch die Wicklerentwicklung und die Kirschessigfliege haben die Produzenten vor grosse Herausforderungen gestellt. «Vor allem der Zwetschgenwickler hat massiven Schaden verursacht», so Chantale Meyer. Daneben haben neue invasive Schädlinge wie der Japankäfer oder die Mittelmeerfliege in der Branche für Unruhe gesorgt.

Lichtblicke und Schattenseiten

Im Gegensatz zu anderen Obstsorten profitierten hingegen die Beeren von den Wetterverhältnissen. Chantale Meyer berichtet von einer leichten Steigerung der Beerenernte im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre mit einer Gesamtmenge von rund 11 195 Tonnen.

Die Beerenproduktion profitierte von den warmen und trockenen Wetterbedingungen im Sommer. Bild: Renate Hodel
Die Beerenproduktion profitierte von den warmen und trockenen Wetterbedingungen im Sommer. Bild: Renate Hodel

Schwankende Erntemengen

Während sich das Wetter negativ auf die Erntemengen beim Mostobst auswirkte, hatte es gleichzeitig einen positiven Einfluss auf den Zuckergehalt. «Die diesjährige Erntemenge liegt wetterbedingt bei den Mostäpfeln um 33 Prozent und bei den Mostbirnen um 37 Prozent unter den Vorjahresmengen», erklärt Chantale Meyer. Aufgrund der Unwetter im Wallis sei jedoch deutlich mehr Tafelkernobst in den Mostobstkanal geflossen als in anderen Jahren, sodass die kleine Mostobsternte etwas abgefedert werden konnte.

Die vielen Sonnenstunden im Juli und August wirkten sich positiv auf den Zuckergehalt der Früchte aus. «Dieser lag bei den Mostäpfeln mit 49,5 Grad Oechsle im Durchschnitt der letzten fünf Jahre und bei den Mostbirnen mit 50,4 Grad Oechsle leicht über dem Durchschnitt», so Meyer.

Ein weiteres grosses Thema war die Reduktion der verfügbaren Pflanzenschutzmittel. Chantale Meyer betont die Schwierigkeiten, die sich daraus für die Produzenten ergeben: «Wirksame Mittel wurden verboten, ohne wirkungsvolle Alternativen – die geringere Wirksamkeit und der dadurch vermehrt gleiche Mitteleinsatz erhöhen die Risiken einer Resistenz und machen eine gute Agrarpraxis schwieriger.»

Gleichzeitig verschärfe die Kombination von sich veränderndem Klima und Auftreten von Krankheiten und Schädlingen die Lage, erklärt Chantale Meyer weiter. «Die extremen Witterungen erhöhen die Komplexität und beeinflussen das Auftreten von Schädlingen und die Anzahl der notwendigen Interventionen», ergänzt sie.

Trotz der Herausforderungen bleibe der Sektor dynamisch. Die Anzahl der Betriebe sei zwar leicht rückläufig, aber die Anbauflächen seien stabil bis leicht steigend. Zudem gebe es seit Jahren eine leichte Entwicklung Richtung Bioproduktion und auch die IP-Suisse-Produktion habe vor allem im letzten Jahr im Bereich Kernobst etwas zulegen können.

Weniger Gemüse geerntet

Die Gemüsegesamtmenge liegt seit Saisonbeginn unter dem Vorjahr. Der nasse Frühling zögerte den Start hinaus und der eher trockene und heisse Sommer förderte die Entwicklung weiter. «Trotzdem könne man nicht von einem aussergewöhnlichen Gemüsejahr sprechen, wie beispielsweise im Sommer 2021», erklärt Markus Waber vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). Damals war es nass und viele Salate konnten dadurch nicht geerntet werden.

Die Gesamtmenge des geernteten Gemüses liegt unter dem Vorjahresniveau. Der Frühling war nass und der Sommer heiss und trocken. Bild: zVg.
Die Gesamtmenge des geernteten Gemüses liegt unter dem Vorjahresniveau. Der Frühling war nass und der Sommer heiss und trocken. Bild: zVg.

Bei den zwei stärksten Lagergemüsen Karotten und Zwiebeln konnte weniger geerntet werden. «Bei den Zwiebeln sorgte die Sommerhitze gefolgt von starken Niederschlägen und der Herbstwärme nicht für ein optimales Wachstum und schwierige Einlagerungsbedingungen», so Markus Waber. Mengenmässig liegt die Ernte von rund 16 700 Tonnen bei nur circa zehn Prozent über dem Niveau von 2021 beziehungsweise gut 15 Prozent unter einem normalen Jahr.

Bei den Rüebli hätten die nassen Monate Oktober und November für erschwerte Erntebedingungen gesorgt, sagt Markus Waber weiter. Teils konnten Felder gar nicht mehr geerntet werden. Aktuell ist eine definitive Prognose bei den Rüebli schwierig, da zum Zeitpunkt der Lagererhebung noch Rüebli auf den Feldern standen. Nach Produzentenschätzungen wird der Ertrag aber circa 20 Prozent unter dem der Vorjahre liegen. Über alle Lagergemüse hinweg betrachtet, liegt die Menge 16 Prozent unter den Erntemengen der letzten 4 Jahre.

Erfolge für Gewächshäuser

Erfolge konnte die Branche auf politischer Ebene verbuchen. Die Motion 17.3918 «Gewächshäuser auf Fruchtfolgeflächen» von Nationalrat Heinz Siegenthaler wurde auch vom Ständerat angenommen. Somit wird der Bundesrat beauftragt, das Raumplanungsgesetz so anzupassen, dass Gewächshäuser zur Produktion von Nahrungsmitteln auf Fruchtfolgeflächen gebaut werden können, ohne diese kompensieren zu müssen.

Auch die Motion von Ständerat und VSGP-Präsident Werner Salzmann, 22.3928 zur Phasenaktualisierung – hierbei geht es um das Importsystem –, die im Ständerat einstimmig angenommen und im Nationalrat leicht angepasst wurde, sei ein Erfolg für die Gemüsebranche, betont Markus Waber. Seither hätten zwischen den Delegationen des VSGP und vom Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels Swisscofel intensive Diskussionen stattgefunden, unter anderem auch unter Leitung des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW).

Interessant für die Konsumenten: Seit dem 1. Juni gelten angepasste Qualitätsnormen von Gemüse, die dazu führen, dass Gemüse mit leichten optischen Mängeln den Weg in die Läden findet. Dies eine Massnahme im Kampf gegen Food Waste.

Kartoffeln unter Druck

Die Kartoffelernte des Jahres 2023 zeichnete ein Bild der Herausforderungen: Trockenheit, Krankheiten und Schädlingsbefall. «Die Erträge und Qualitäten lagen vielerorts auf tiefem Niveau», fasst Niklaus Ramseyer, Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP), die Situation zusammen. Heute seien circa 50 Prozent der Kartoffelfläche bewässert, erklärt Niklaus Ramseyer. «Die Möglichkeit zum Bewässern wird in Jahren, in denen die Niederschläge während der Sommermonate ausbleiben, immer wie wichtiger.»

Gerade das vergangene Jahr zeige aber, dass die Bewässerung gerade bei extremer Hitze die Ertragseinbussen nicht immer kompensieren könne. Mit einem Nettoertrag, der 30 bis 40 Prozent unter dem Durchschnitt liegt, seien grössere Importe dieses Jahr unausweichlich, um den inländischen Bedarf zu decken, so der VSKP-Geschäftsführer weiter.

Die Produzenten sahen sich aber nicht nur mit einem Ertragsdefizit wegen des Wetters konfrontiert, sondern auch mit Schädlingen und Krankheiten. «Der heisse und trockene Sommer begünstigte die Vermehrung des Kartoffelkäfers», erklärt Niklaus Ramseyer, der auch das Auftreten neuer Pilz- und Bakterienkrankheiten als besorgniserregend hervorhebt.

In dieser Saison war das Resistenzmanagement ein besonderes Problem: «Das reduzierte Wirkstoffportfolio birgt grosse Risiken für Resistenzbildungen», warnt er. Die Auswahl an verfügbaren Wirkstoffen schrumpfe und neue Mittel seien nicht in Sicht.

Mehr Importkartoffeln

Die geschätzten 30 bis 40 Prozent Mindererträge haben entsprechend weitreichendere Folgen, die sich auch in der Verarbeitungsindustrie widerspiegeln. Um den hiesigen Bedarf zu decken, dürften die dafür nötigen Importe aber teurer zu stehen kommen als auch schon – auch die Nachbarländer sind nämlich von ähnlichen Problemen betroffen.

Schweizer Zuckerrübenanbau

Der Start ins Rübenjahr 2023 glückte weniger gut als letztes Jahr. Aufgrund des nassen Frühlings verzögerte sich die Aussaat und zog sich in die Länge. «Anschliessend folgte eine Trockenheit, die das Wachstum wie auch schon die späte Saat negativ beeinflusste», erklärt Luzi Schneider, Geschäftsführer der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrübenbau.

Trotz dieser klimatischen Herausforderungen seien die Erträge durchschnittlich und relativ zufriedenstellend: «Die nasse Ernte hat den Zuckergehalt etwas verwässert, dennoch sind die Zuckererträge in Anbetracht der Tonnagen akzeptabel», erklärt Luzi Schneider weiter.

Import, Swissness und Qualität

Obwohl die Zuckerrübenfläche dieses Jahr wieder zugenommen hat, haben die beiden Zuckerfabriken zu wenig Schweizer Zuckerrüben. Die Bemühungen, Neupflanzer zu gewinnen und treue Produzenten zu halten, laufen also weiter. Die fehlende Menge an Rüben werde derweil aus Deutschland importiert und im Werk in Frauenfeld verarbeitet, so Raphael Wild. So würden rund 300 000 Tonnen Rüben aus Deutschland eingeführt, was etwa 20 Prozent des Gesamtvolumens ausmache.

Etwas weniger Brotgetreide

Beim Brotweizen liegt die Ernte gemäss der Branchenorganisation swiss granum mit 344 084 Tonnen um ungefähr 30 000 Tonnen tiefer als bei der guten Ernte 2022, aber deutlich höher als im wetterbedingt katastrophalen Jahr 2021.

Trotz der tieferen Ernte als im Vorjahr wurden Marktentlastungsmassnahmen ergriffen, um den Markt zu stabilisieren. Dazu gehört ein «Umlabeling» von IP-Suisse-Getreide zu Suisse-Garantie- Getreide sowie die Deklassierung von 9390 Tonnen Brotweizen der Klasse II zu Futterweizen. Wetterbedingt verlief die Ernte 2023 schnell, bereits Ende Juli war sie fast abgeschlossen.

Die Getreideernte liegt unter dem Vorjahr. Bild: Jonas Ingold
Die Getreideernte liegt unter dem Vorjahr. Bild: Jonas Ingold

Beim Dinkel wird 2023 die höchste Ernte der letzten Jahre eingebracht, swiss granum geht von einer Ernte von 28 614 Tonnen aus. Damit wird die Rekordernte aus dem Vorjahr nochmals übertroffen. Wie bereits in den Jahren zuvor ist die Anbaufläche von Dinkel gestiegen.

Insgesamt liegt die Ernte des backfähigen Brotgetreides bei 383 537 Tonnen und damit um gut 30 000 Tonnen unter dem Vorjahreswert.

Mehr Körnermais geerntet

Beim Futtergetreide gab es bei Gerste mit 15 8550 Tonnen (–18239 t), Hafer mit 3743 Tonnen (–848 t) und Triticale mit 34 418 Tonnen (–6859 t) einen teils klaren Rückgang im Vorjahresvergleich. Auch der Weizen zu Futterzwecken – darunter auch nicht backfähiger Brotweizen – nahm um 8536 auf 51 865 Tonnen ab.

Anders beim Körnermais, wo die Erntemenge gemäss provisorischen Zahlen von 124 099 auf 153 950 Tonnen anstieg, was auch mit der grösseren Anbaufläche zusammenhängt. Insgesamt lag die Futtergetreideernte mit 404 297 Tonnen leicht unter dem Wert von 2022.

Rapsernte unter dem Zielwert

Die Rapsernte liegt laut swiss granum mit 82 291 Tonnen rund 10 000 Tonnen unter dem Vorjahreswert, dies bei einer leicht grösseren Anbaufläche. Die Zielmenge von 106 000 Tonnen wird damit nicht erreicht, was aber bereits vor der Saison absehbar war. Die Nachfrage nach Rapsöl ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, dies auch, weil Unternehmen Palm- mit Rapsöl ersetzt haben.

Wie die Anbaufläche ist bei den Sonnenblumen auch die Ernte gestiegen. Sie beträgt 19 878 Tonnen (provisorische Zahlen) und liegt damit um gut 5000 Tonnen über dem Vorjahreswert. Weiter im Aufwind befindet sich die Sojaproduktion, die Erntemenge liegt bei 7534 Tonnen (provisorische Zahlen) und beträgt damit rund 1500 Tonnen mehr als 2021. Die gesamte Ölsaatenernte dürfte bei 110 435 Tonnen liegen.

Rund um die Pilze steht es gut

Bislang hat sich die Entwicklung der Schweizer Pilze positiv gestaltet, jedoch ist der Absatz von Schweizer Champignons im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Champignonimporte verzeichneten dafür einen Anstieg von 8,15 Prozent. Das Wachstum der Schweizer Edelpilze sei hingegen erfreulich, sagt Nicole Badertscher, Geschäftsführerin des Verbands Schweizer Pilzproduzenten (VSP).

Die Konsumenten betrachten Pilze oftmals immer noch als typisch herbstlich, obwohl sie das ganze Jahr verfügbar sind. Dieser «saisonale» Gedanke hatte auch Einfluss auf die Nachfrage nach Schweizer Pilzen zum Herbstbeginn. Durch die anhaltenden warmen Temperaturen verschob sich das Interesse der Verbraucher in kältere Monate.

«Rund um den Pilz lässt sich ein gesteigertes mediales Interesse feststellen, sei es durch neue Forschungen, Projekte und Start-ups oder Berichterstattungen über die positiven Inhaltsstoffe und Eigenschaften der Pilze und ihre Vielfältigkeit», so Nicole Badertscher. «Dies unterstützt den Konsum von Schweizer Kulturpilzen, und es ist eine Chance und wichtig, das Potenzial der Pilze zu nutzen», ergänzt sie.

Der Markt für Schweizer Edelpilze wächst weiter. Bild: Renatel Hodel
Der Markt für Schweizer Edelpilze wächst weiter. Bild: Renate Hodel

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