Branchenverband St. Galler Wein: Verbessertes Marketing in Sicht

Innert kurzer Zeit wurden die Traktanden an der Hauptversammlung des Branchenverbands St. Galler Wein in Sargans abgehandelt. Die rund 50 Winzer hörten zudem interessante Referate und klare Worte zur aktuellen Marktlage. «Reiner Wein» wurde auch bezüglich Konsumentenverhalten und Zukunft eingeschenkt.

Auf das Referat von Olivier Savoy folgt die Geselligkeit.
Auf das Referat von Olivier Savoy folgt die Geselligkeit.

Im Zunfthaus zum Löwen in Sargans zeigte sich Präsident Andreas Stössel freudig überrascht darüber, wie viele Mitglieder der Einladung zur 18. Hauptversammlung (HV) des Branchenverbands St. Galler Wein gefolgt waren. Obwohl die traktandierten Geschäfte keinerlei Wellen schlugen, sollte es eine interessante HV werden. Auch der Sarganser Gemeindepräsident Jörg Tanner schaute kurz vorbei und machte den Versammelten das Grafenstädtchen schmackhaft.

Einstimmig gutgeheissen

Die Rechnung von Ueli Frehner sowie sämtliche Abstimmungen wurden einstimmig gutgeheissen oder mit Applaus quittiert. Das deutet darauf hin, dass jeder im Vorstand seinen Pflichten das Jahr hindurch nachgekommen ist. Während der ganzen Versammlung tauchte immer wieder der Name der Geschäftsstellenleiterin Barbara Dürr auf. Die 61-jährige Bäuerin und Kantonsrätin wurde wegen ihrer Zuverlässigkeit und ihres Engagements mit Lob eingedeckt. Zurzeit treibt Barbara Dürr zusammen mit dem Informatikstudent Thomas Frehner ein Auftragsprojekt voran, das eine Verknüpfung zu Gastro St. Gallen beinhaltet. Eine einfach gehaltene Webseite soll Gastrobetrieben, aber auch Konsumenten wie Winzerbetrieben dienlich sein.

Die Repräsentantin des Trägervereins Culinarium, Elisabeth Federer-Heule, hob in einem kleinen Rückblick die gemeinsamen Auftritte des Branchenverbands St. Galler Wein mit Culinarium hervor und sprach über zukünftige Projekte. Als besonderen Höhepunkt erwähnte sie den Auftritt an der Olma im Oktober. Zu den Gastrednern gehörte auch Olivier Savoy, Geschäftsführer Vereinigung Schweizer Weinhandel. Der Basler Jurist zeigte schonungslos auf, wo der Schuh überall drückt. Aber auch, wohin der Weg führen sollte.

Auf den Geschmack gekommen

«Während der Pandemie haben viele gemerkt, dass der lokale respektive der St. Galler Wein gar nicht so schlecht ist», so Präsident Andreas Stössel einleitend zu seinem Jahresbericht. Mit ein Grund dafür möge gewesen sein, dass die 28 produzierenden St. Galler Winzer momentan 31 reinsortige Rot- und Weissweine sowie charaktervolle Cuvées im Angebot hätten. «Vor allem Menschen, die in der Mitte ihres Arbeitslebens stehen, kamen auf den Geschmack unserer Erzeugnisse». Nach dieser erfreulichen Mitteilung kam Stössel auf ein herausforderndes, eher schwieriges Jahr 2023 zu sprechen. So manchen Frust hätten die rund 300 Rebbauern im Galluskanton im letzten Jahr hinnehmen müssen.

Grosse Herausforderungen

Der Jahrgang 2023 stellte sich für die Landwirtschaft zu jeder Jahreszeit als grosse Herausforderung dar, das Rebjahr war geprägt durch massive Niederschläge und wechselhaftes Wetter. Die Weinstöcke mussten klarkommen mit Trockenheit, Spätfrost, monsunartigen Niederschlägen, Schneckeninvasionen, Hagel im September, Kirschessigfliegenattacken, Stiellähme und platzenden Beeren. Trotz aller Widrigkeiten, so Stössel, hätten die vielen Winzerbetriebe im Kanton St. Gallen im Weinberg gut gearbeitet und eine gute Ernte eingebracht. Deshalb könnten die Mitgliederbeiträge so beibehalten werden. Auch mengenmässig könnten die Winzer trotzdem zufrieden sein. Eine Ertragserhebung ergab zwar eine um circa sieben Prozent geringere Lese als im Jahr 2022. Dieses Ergebnis liegt mit rund sechs Prozent jedoch leicht über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt.

Massive Verkaufsprobleme

Präsident Stössel beleuchtete in seinem Jahresrückblick auch die andere Seite der «Winzerei», nämlich den Verkauf. Der Weinhandel habe bereits mit massiven Verkaufsproblemen zu kämpfen. Das hänge sicher auch mit der globalen Situation zusammen. Von einem Umsatzminus von bis zu 30 Prozent (im Vergleich der Jahre 2022 auf 2023 in der Schweiz) werde gesprochen. «Noch ist der Druck bei vielen Weingütern in der Deutschschweiz nicht angekommen. Aber wir brauchen uns nichts vorzu-machen. Es ist nur eine Frage der Zeit». Der Branchenverband St. Galler Wein sei gut aufgestellt. Dass Wichtigste sei aber, im Kollektiv zu arbeiten. Nur so könne die Visibilität des St. Galler Weins erhöht werden, welche für den Einzelnen auf dem Markt nicht zu unterschätzen sei. Starke Unterstützung bekomme die Weinwirtschaft vom Volkswirtschaftsdepartement beziehungsweise vom Landwirtschaftsamt sowie auch von Gastro St. Gallen und dem Haus des Weins in Berneck. Geschätzt wird auch das Wissen und die Arbeit von Simone Aberer vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen in Salez. Detailliert hatte die junge Vorarlbergerin das Rebenjahr und die Weinlese 2023 im Kanton St. Gallen zu Papier gebracht und veröffentlicht. Vor Ort wurde das Plenum von Rebbaukommissarin Aberer mit Neuigkeiten aufdatiert.

Das Kosumverhalten verstehen

Olivier Savoy schenkte schliesslich den Anwesenden «reinen Wein» bezüglich Marktplatz ein. Die Marktkenntnisse müssten verbessert werden. Als Erstes müsse man den Wissenstransfer entlang der Wertschöpfungskette sicherstellen, so Savoy. Zudem sollten Marktplatzkenntnisse in die Berufsbildung überführt werden. Momentan gebe es kein einheitliches System in der Vermarktung. Zwar würden in den Kantonen die Zahlen zusammengestellt und an den Bund weitergeleitet. Von dort würden diese aber erst nach grosser Verzögerung veröffentlicht, sodass der Markt zu spät oder nicht mehr reagieren könne. Olivier Savoy kam detailliert auf das Konsumverhalten zu sprechen. «Die Nachfrage nach Wein ist tendenziell weltweit rückläufig», erklärte er unverblümt. Der Konsum in der Schweiz der über 18-Jährigen sei in den Jahren zwischen 1996 und 2021 um 29 Prozent gesunken. Die Verteilung des Konsums auf Altersgruppen sehe wie folgt aus: 48 Prozent auf 56 Jahre und mehr, 27 Prozent auf 41 bis 55 Jahre und 25 Prozent bis 40 Jahre. Der Erfolg eines Unternehmens hänge vom Endkunden ab, betonte Savoy. Dies unabhängig von der Branche. «Wir müssen verstehen, wie die Produkte ausgewählt werden und über welche Kanäle.» Die neuste Segmentierungsstudie solle helfen, dieses Kundenverständnis zu erreichen und die Marktkenntnisse zu verbessern.

Vielversprechende Vorwärtsstrategie: Der Vorstand St. Galler Weine schaut trotz allem positiv in die Zukunft.
Vielversprechende Vorwärtsstrategie: Der Vorstand St. Galler Weine schaut trotz allem positiv in die Zukunft.

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