Ihre Bilder scheinen zu leben

Seit Karin Santapaola aus Amriswil 2013 mit dem Malen begann, hat sie ihre Technik immer weiter entwickelt. Ihre aus hauchzarten Acrylfarbschichten gemalten Tiere und Menschen haben so viel Ausdruck, dass sie Betrachter aus jeder Entfernung in den Bann ziehen.

Santapaola
Karin Santapaola mit ihren Gemälden von Silvesterkläusen, ihrem Vater in jungen Jahren sowie ihrer Mutter auf dem i-Pad.

Bereits beim Eintreten ins Haus von Karin Santapaola und ihrer Familie in Engelburg wähnt man sich fast in einer Kunstgalerie. Hier hängt zum Beispiel ein sehr grossformatiges Tigerporträt in Schwarz-Weiss-Grautönen. Während man an der lebensecht und gestochen scharf gemalten Raubkatze vorbeigeht, scheint sie einen mit den Blicken zu verfolgen. Ein herziges Trio von jungen Waschbären, eine Elefantenherde, Giraffen, Zebras und Katzenköpfe vieler Rassen und Arten haben so viel Ausdruck, dass man das Gefühl hat, sie könnten nächstens aus den Gemälden springen. Auch einheimische Wildtiere, Kühe, ein Hochlandrind sowie Pferde und Ziegen hat die Künstlerin bereits gemalt. Doch viele dieser Bilder sind bereits nicht mehr bei ihr. Eine Rückwand im Wohnzimmer hat Karin Santapaola mit einer gemalten Steinmauer verziert.

Mein Ziel ist es, in den gemalten Bildern eine eindeutige Wiedererkennung der Menschen und Tiere zu erreichen.

Menschen porträtiert die Künstlerin ebenfalls mit Leidenschaft. So ist der Aufgang in ihr Atelier im oberen Stock mit Studien von Marilyn Monroe behängt, inklusive gemalte Accessoires wie Taschen oder Schuhe. Auch von weiteren berühmten Persönlichkeiten hat Karin Santapaola Porträts gemalt. Auf ihnen kann man deutlich ihre künstlerische Weiterentwicklung im direkten Vergleich von frühen und später gemalten Bildern erkennen. Nur abstrakte Gemälde findet man bei ihr nicht.

Per Beamer zur Skizze

Im Atelier hat Karin Santapaola weitere Gemälde aufgehängt, andere befinden sich in verschiedenen Stadien der Fertigstellung. Hier stechen ihre Silvesterkläuse ins Auge, die über eine verschneite Landschaft laufen. Dazu erklärt die Kunstmalerin: «Die Grundidee für dieses Sujet stammt von einem Werbeplakat. Ich male nicht draussen mit einer Staffelei oder aus dem Kopf, sondern verwende Fotos oder Bilder, die mich reizen. Diese projiziere ich für eine grobe Bleistiftskizze mit einem Beamer auf die Leinwand.» Neben den Silvesterkläusen steht auf einer Staffelei ein Porträt von Karin Santapaolas Vater in jungen Jahren, und auf ihrem i-Pad zeigt sie das dazu passende Gemälde ihrer Mutter. Sie erklärt: «Mein Ziel ist es, in den gemalten Bildern eine eindeutige Wiedererkennung der Menschen und Tiere zu erreichen. Und dazu gehört das Strahlen ihrer Augen sowie der Ausdruck ihrer Persönlichkeit.» Ihre Maltechnik beschreibt sie als Aquarellieren mit Acrylfarben. Ein im Internet gefundenes Bild einer Ziege hat sie gleich zu mehreren kleinformatigen Porträts mit verschiedenen Hintergründen inspiriert. Die Gemälde befinden sich noch im Anfangsstadium.

Blattmetall und Neonfarbe

Karin Santapaola malt gerade an einem grossformatigen Bild eines Alpaufzugs. Eine Gruppe Sennen, riesige Treicheln, Begleiter sowie Kühe sind erst zum Teil ausgemalt, und die Bleistiftskizze ist noch deutlich zu erkennen. Der Hintergrund – eine wie mit Weichzeichner verschwimmende Alplandschaft – ist bereits fertiggestellt, die Figuren malt die Künstlerin von unten nach oben aus. Dabei schaut sie immer wieder auf ein Foto auf ihrem i-Pad, welches ihr als Vorlage dient. Nun verrät sie während des Farbenmischens einige Tricks, welche sie sich im Lauf der Zeit selbst beigebracht hat: «Das besondere Leuchten gewisser Farben, zum Beispiel im Gelb der Sennenhosen, erreiche ich durch das Zumischen von Neongelb. Und die Metallic-Effekte, etwa beim Schmuck, erziele ich durch teils übermaltes Blattmetall.» Karin Santapaola hat sehr viel Übung darin, auf ihrer Palette in kürzester Zeit den gewünschten Farbton zu mischen. Als sie einen Monat später das Bild fertiggestellt hat, sind diese Techniken – oder besser gesagt ihre Wirkung – erst richtig sichtbar. Die Kunstmalerin verwendet dünnflüssige Acrylfarben, welche sie in mehreren Schichten übereinander aufträgt. Diese sind dünn wie Lasuren, und sie lässt die Schichten hell beginnend immer dunkler werden. Für Schattierungen kommt Paynes-Grau zum Einsatz. Durch all diese Techniken erreicht Karin Santapaola Tiefenwirkung, Ausdruck und Leuchtkraft in ihren Bildern, welche zum Teil fast dreidimensional anmuten. Fertige Gemälde schützt sie gegen UV-Licht und Kratzer mit einem Acrylfirnisspray. Wenn sie – zum Beispiel für Hintergründe – Pastellkreiden verwendet, trägt sie einen Fixativspray auf.

An Karin Santapaolas Wohnzimmerwänden tummeln sich unter anderem Elefanten, ein Zebra sowie Katzen. Auch die Natursteinwand ist gemalt

Es begann in einer Papeterie

Karin Santapaola machte eine Ausbildung zur Papeterieverkäuferin in Amriswil, danach arbeitete sie im Zürcher Niederdorf in einem Geschäft für Mal- und Zeichenbedarf. Später übernahm sie die Filialleitung und Lehrlingsausbildung in einer Papeterie in Romanshorn. Die Stelle im Zürcher Niederdorf fand sie erfüllend und inspirierend. «Ich beriet die Kundschaft – darunter renommierte Schweizer Künstler – welches Material sich am besten für welche Maltechnik eignet. In der Theorie wusste ich sehr viel, und immer häufiger packte mich die Lust, selbst zu malen, statt nur das Material dazu zu verkaufen.» So legte die Spezialistin für Künstlerbedarf 2013 einfach mit dem Malen los, nachdem ihre Kinder aus dem Gröbsten heraus waren.

Ihre kreative Lust wurde damit jedoch nicht gestillt, im Gegenteil. «Ich entwickle mit jedem Bild meine Technik weiter, und kaum habe ich eines fertig – was je nach Format mehrere Wochen dauert – suche ich bereits wieder ein neues Motiv», verrät die Kunstmalerin, und fügt hinzu: «Als nächstes Projekt darf ich ab dem kommenden Sommer eine Bilderserie im Stadthaus Amriswil unter «Kunst im Gang» ausstellen.»

Bis heute hat Karin Santapaola rund 500 Bilder gemalt. Manche davon waren Auftragsarbeiten, Geschenke oder hängen an ihren eigenen Wänden. Andere wiederum stellt sie im Restaurant Hirschen im appenzellischen Grub aus.

Lust an Kreativität

Karin Santapaola macht kein Geheimnis aus ihren Tricks und Techniken. So hat sie bereits Malunterricht gegeben. Übrigens – die Kreativität hört bei der nimmermüden Künstlerin nicht bei den Bildern auf. Sie probiert immer wieder Neues aus. So hat sie ein Bistrotischchen aus Metall mit dazu passendem Stuhl mit Glasmosaik verziert, schreibt Karten und Schilder in Kalligraphie-Schrift, schafft Skulpturen aus Powertex, und vieles mehr. Inzwischen sitzt sie schon wieder ganz vertieft an ihrem Gemälde und füllt die Sennen behutsam mit Farbe aus. Die Welt um sich herum hat sie vergessen.

www.santapaola.jimdofree.com.

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