Delegiertenversammlung des kantonalen Bäuerinnenverbands

150 Delegierte der Bäuerinnen- und Landfrauenvereinigungen kamen aus allen Richtungen des Kantons St. Gallen und erlebten eine lebendige, humorvolle und gesellige Delegiertenversammlung in Gähwil. Präsidentin Petra Artho will ihr Amt in einem Jahr abgeben. Eindrücklich waren ihre Begrüssungsworte.

Die Delegierten nahmen alle Anträge des kantonalen Bäuerinnenverbands an.
Die Delegierten nahmen alle Anträge des kantonalen Bäuerinnenverbands an.

«Gemeinsam vertreten wir die Bäuerinnen und Landfrauen des Kantons St. Gallen. Man kann auch sagen: Wir Bäuerinnen und Landfrauen sind das Gesicht der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes. Ich finde, wir geben ein sehr sympathisches Gesicht ab, wenn ich so in die Runde schaue.» Mit diesen Worten gewann Petra Artho sogleich die Aufmerksamkeit der Frauen und einer Reihe von Gästen an der Delegiertenversammlung des Kantonalen Bäuerinnenverbands in Gähwil. Der Saal wurde von den Kirchberger Bäuerinnen liebevoll und frühlingshaft dekoriert. Den lokalen Verein stellte Rosmarie Segmüller vor und auch hier konnte festgestellt werden, wie aktiv Bäuerinnen und Landfrauen sind und wie sie den Zusammenhalt pflegen. «Auch wenn wir scheinbar verschiedene Leben führen, vereint uns doch auch vieles», sagte die Präsidentin in ihrer Begrüssung weiter.

Kugelschreiber einsetzen

«Wir sind angewiesen auf einen starken ländlichen Raum. Wir brauchen eine verlässliche Infrastruktur. Wenn Schulen und Dorfläden schliessen müssen, sind wir gleichermassen davon betroffen. Darum ist es wichtig, dass wir vereint für unsere Werte einstehen und uns engagieren. Unser Gesicht zeigen.» Damit schwenkte Petra Artho von den Komplimenten um auf die aktuelle Landwirtschaftspolitik, die mit Demonstrationen in mehreren EU-Ländern und moderat auch in der Schweiz ebenfalls ein Gesicht erhalten hat beziehungsweise ein Bild von blinkenden und sich formierenden Traktoren. «Ist es an der Zeit, dass auch wir Schweizer Bäuerinnen und Bauern auf die Strasse gehen und unserem Ärger und unseren Sorgen Ausdruck verleihen?», fragte die Präsidentin rhetorisch. Gründe gebe es genug, doch sie stelle diesen Weg infrage. Zu schnell seien Sympathien verspielt, die hart erarbeitet worden seien. Auf diese seien Bäuerinnen und Bauern im Zusammenhang mit der Biodiversitätsinitiative, die im Herbst zur Abstimmung kommt, aber dringend angewiesen. Deshalb glaube sie, dass der Kugelschreiber eine grössere Kraft entfalten könne als all die PS der Traktoren. Mit dem Kugelschreiber könne gewählt und abgestimmt werden.

Mit den vielen Agrarabstimmungen müsse endlich Schluss sein. «Es kann nicht sein, dass wir einen grossen Teil unserer Zeit in Abstimmungskämpfe investieren müssen», meinte sie. Entsprechend müssten Frauen und Männer in die Politik gewählt werden. Personen mit gleichen Interessen und mit Bodenhaftung. So rief sie in letzter Minute dazu auf, sich an den Kantonsratswahlen des gleichen Wochenendes zu beteiligen. Sie rief jedoch auch dazu auf, Mut zu zeigen und sich als Bäuerin und Landfrau in den Gemeinderat wählen zu lassen. «Seien wir uns unserer Rolle als Gesicht des ländlichen Raumes bewusst und stehen wir dafür ein.»

Vor der Versammlung steckte der Vorstand nochmals die Köpfe zusammen.
Vor der Versammlung steckte der Vorstand nochmals die Köpfe zusammen.

Versicherung abgeschlossen

Die Berichte des Vereinsjahres des kantonalen Bäuerinnenverbands St. Gallen sind alle in einer Sonderbeilage des «St. Galler Bauer» erschienen. Darauf wurde auch an der Versammlung verwiesen. Dafür gab es Informationen und Grussworte. Roman Habrik, Gemeindepräsident von Kirchberg, stellte seine Gemeinde mit 60 Prozent Landwirtschaft, 30 Prozent Wald und zehn Prozent Bauzone vor. «Die landwirtschaftliche Bevölkerung spielt eine grosse Rolle und trägt Verantwortung in den Dörfern», betonte er.

Petra Artho informierte, dass der Kantonalverband eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, in der alle regionalen Vereine mitversichert sind. Wo immer ein Marktstand aufgestellt, eine Festwirtschaft geführt oder eine Tagung stattfindet, sind allfällige Haftfälle gedeckt. Die einzige Auflage: Der schriftliche Hinweis darauf muss an den Anlässen angebracht werden. Seline Heim, Leiterin Bildung Bäuerin, informierte über die laufenden und geplanten Lehrgänge, über das Angebot Einzelmodule und dass diese laufend weiterentwickelt und angepasst werden.

Getragen und unterstützt

Zu den Gästen gehörte auch die Neuenburgerin Anne Challandes, seit 2019 Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV). Sie stellte die Leistungen, das Netzwerk und das Engagement des SBLV vor. Dieser habe Einsitz in über 30 Gremien und Organisationen, wo die Anliegen der Frauen vom Land eingebracht werden könnten. Ein Anliegen ist die verbesserte Vorsorge der Bäuerinnen. Die Zahlen zeigten nach oben. 55 Prozent der Frauen würden vom Betrieb bezahlt, das ermögliche den Zugang zur 2. Säule. 57 Prozent würden in eine 3. Säule einzahlen und 46 Prozent verfügten über eine Taggeldversicherung. Unter dem Titel «Verantwortung wahrnehmen. Fürs Leben rüsten.» läuft eine Sensibilisierungskampagne, die den Sozialversicherungsschutz der Bäuerin und der ganzen Familie in den Fokus stellt. Auf der Webseite www.meine-situation.ch sind die Details zu finden.

Anne Challandes, Präsidentin des SBLV, informierte über die Tätigkeiten in ihrem Verband.
Anne Challandes, Präsidentin des SBLV, informierte über die Tätigkeiten in ihrem Verband.

Auch Challandes nahm das Thema Biodiversitätsinitiative auf. Sie als Biobäuerin bezeichnete die Initiative als «falschen» Weg, genau wie ihr Nachredner Markus Ritter, der es schaffte, gleichzeitig in der Samstagsrundschau von Radio SRF 1 Stellung zur Wut der Bauern zu nehmen. Er verriet, dass das Gespräch am Morgen aufgezeichnet worden sei. Zu extrem, zu breit und utopisch, weil die Initiative nicht umsetzbar sei. Sie würde zu massiven Einschränkungen in diversen Branchen führen. «Die Biodiversität ist wichtig und die Landwirtschaft macht bereits viel dafür. Es braucht keine neuen Verfassungsbestimmungen.» Die «rabiaten» Demonstrationen im Ausland könne er nachvollziehen. «In der EU haben die Landwirte nichts zu sagen. In der Schweiz ist das anders. Wir werden getragen und unterstützt.» Markus Ritter zeigte sich auch selbstkritisch. «Wir haben die Biodiversität priorisiert und die Produktion und Wertschöpfung vernachlässigt. Sie müssen wieder mehr Bedeutung bekommen, um die Zukunft der Landwirtschaft zu sichern.»

Intelligente Hühner

Vorstandsmitglied Claudia Bösch machte darauf aufmerksam, dass der Kanton St. Gallen nach 33 Jahren der eigene Gast an der Olma sein wird. Sie will bis dahin Backfrauen mit Erfahrung für den Einsatz am Bäuerinnenstand finden. Bruno Inauen, Leiter des Landwirtschaftsamts St. Gallen, berichtete von Änderungen aus seinem Bereich. Das Kinderjodelchörli Mosnang sang sich unter der Leitung von Stefan Segmüller in die Herzen der Anwesenden. Schliesslich amüsierte Lena von Aarburg mit ihrem Kurzvortrag, der gleichzeitig auch ihre Maturaarbeit gewesen war. Sie hatte eine Versuchsreihe mit den familieneigenen Hühnern der Rasse Brown Nick gemacht, um festzustellen, wie intelligent sie sind. Das Resultat konnte sich sehen lassen. Bei der Farberkennung sind sie sogar besser als der Hund oder der Mensch. Insgesamt sind Hunde und Menschen allerdings doch intelligenter.

Das Kinderjodelchörli Mosnang unterhielt die Bäuerinnen.
Das Kinderjodelchörli Mosnang unterhielt die Bäuerinnen.

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