Kanton Thurgau übt für den Seuchen-Ernstfall

Am 17. Juni 2025 wurde ein Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) bei Rindern auf dem Landwirtschaftsbetrieb der Familie Hofer in Oberneunforn simuliert. Seit 2021 bereitet sich das Veterinäramt des Kantons Thurgau auf den allfälligen Ernstfall einer Ausbreitung der Seuche vor.

Vergangene Woche wurde auf einem Bauernhof die Vorgehensweise zur Bekämpfung eines Seuchenausbruchs geübt.
Vergangene Woche wurde auf einem Bauernhof die Vorgehensweise zur Bekämpfung eines Seuchenausbruchs geübt.

Seit Anfang Jahr grassiert in Europa wieder die Maul- und Klauenseuche (MKS). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese hochansteckende Tierseuche auch die Schweiz erreicht. Bereits seit 2021 bereitet sich das Veterinäramt des Kantons Thurgau auf den Ernstfall vor. Dazu gehört, dass die Bekämpfung der MKS regelmässig geübt wird. In den vergangenen Jahren wurden zwei Tierseuchenzüge aufgebaut, die im Ernstfall zum Einsatz kämen. Am Übungsplatz auf dem Betrieb der Familie Hofer in Oberneunforn informierten Robert Hess, Leiter des Veterinäramts Thurgau, Astrid Hollberg, Kantonstierärztin, Roman Rupper, Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz und Armee, sowie Yvo Rindlisbacher, Chef des Zivilschutzes, vor den Medien und erklärten die zahlreichen Abläufe, wie bei einem realen Ausbruch der MKS bei deren Bekämpfung vorgegangen würde.

Andreas Hofer, Astrid Hollberg und Robert Hess (von links) sprachen über die Folgen, die ein realer Ausbruch der MKS hätte.
Andreas Hofer, Astrid Hollberg und Robert Hess (von links) sprachen über die Folgen, die ein realer Ausbruch der MKS hätte.

Wachsam bleiben

Die Kernbotschaft der Medienorientierung lautete: Aufgrund der verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten gilt es, wachsam zu bleiben. In Teilen der Türkei sowie in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas kommt die MKS nach wie vor endemisch vor. In der EU ist bei einem Ausbruch eine Notimpfung möglich, aber bewilligungspflichtig. In der Schweiz ist die Impfung seit 1991 grundsätzlich verboten. Die Schweiz besitzt jedoch eine eigene MKS-Notimpfstoffbank, die regelmässig der neusten Bedrohungslage angepasst wird. Sie schützt sich durch Importverbote für riskante Produkte, ein Verbot der Verfütterung von Speiseabfällen und einer Meldepflicht bei Verdachtsfällen. Tierhalter, Tierärzte sowie Personen, die Tiere betreuen oder behandeln, sind angehalten, Klauentiere insbesondere auf Anzeichen wie Fieber, vermehrten Speichelfluss, Läsionen an Maul, Nase, Zitzen und Klauen sowie Lahmheiten zu überprüfen. Im Zweifelsfall kann bei unklaren Symptomen mittels einer Ausschlussuntersuchung abgeklärt werden, ob ein MKS-Fall vorliegt. Die Virusausscheidung setzt bereits während der Inkubationsperiode ein. Für den Menschen ist das Virus nicht gefährlich.

Gefahrenquellen erkennen

Die Übertragung erfolgt durch direkten und indirekten Kontakt, beispielsweise über kontaminierte Geräte (Tränken, Melkmaschinen), sowie über Injektionskanülen, Transportfahrzeuge, Personen, Samen und Aufnahme von virushaltigen Fleischabfällen und Milchprodukten. Der Erreger, ein Virus der Gattung Aphtovirus, bleibt in Rohmilch und ungenügend erhitzten Milchprodukten sowie Gefrier- oder Pökelfleisch monatelang ansteckend. In Stallschmutz, Mist und Jauche bleibt er im Sommer bis zu zwei Wochen, im Winter bis zu drei Monate ansteckend. Die Krankheit wird durch direkten Tierkontakt übertragen. Alle Ausscheidungen angesteckter Tiere enthalten den Seuchenerreger. In feinsten Tröpfchen in der Luft kann er lange überleben und mit dem Wind auch über weite Distanzen verteilt werden. Auch infizierte Tiere ohne Krankheitszeichen, wie es bei Schafen und Ziegen oft der Fall ist, übertragen die Krankheit. Zudem kann der Erreger indirekt über Geräte sowie die Verfütterung von erregerhaltigen Fleischabfällen und Milchprodukten übertragen werden.

Der Stall muss im Fall eines Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche gereinigt und desinfiziert werden. Bild: zVg.
Der Stall muss im Fall eines Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche gereinigt und desinfiziert werden. Bild: zVg.

Bedeutung der Biosicherheit

Das MKS-Virus kann in Aerosolen lange überleben und bei optimalen Bedingungen über weite Distanzen verteilt werden (kaltnasses Klima, schwacher, laminarer Wind in hindernisfreien Gebieten). Bei einem Ausbruch in Rinder- und Schweinebeständen erfolgt, im Vergleich zu einem Ausbruch bei kleinen Wiederkäuern, eine rasche Durchseuchung. Das Virus kann bei kleinen Wiederkäuern über längere Zeit ohne Symptomatik zirkulieren. Astrid Hollberg stellte fest, dass auf Schweizer Betrieben das Bewusstsein für die Bedeutung der Biosicherheit grundsätzlich vorhanden ist und unsere Tierhaltungsstandards einen hohen Schutz bieten. Die Biosicherheit in Rinder- und Schweinehaltungen habe noch viel Verbesserungspotenzial. Tierhalter können mit folgendem Tool ihre Biosicherheit überprüfen: Gesunde Nutztiere – Biosicherheits-Check (gesunde-nutztiere.ch). Die wichtigsten Informationen rund um die Seuche sind auf dem Merkblatt «Maul- und Klauenseuche» zu finden. Bei unklaren Symptomen sollen Tierhalter unverzüglich ihren Bestandestierarzt beiziehen, der die Tiere mittels Ausschlussuntersuchung auf MKS abklären kann. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) informiert auf seiner Webseite über geltende Bestimmungen und Schutzmassnahmen für den Handel mit der EU.

 

Übungsauswertung

Angeregte Diskussionen entstanden am Rande der Übung auch zu den wirtschaftlichen und psychosozialen Folgen für Betriebe im Falle eines tatsächlichen MKS-Ausbruchs, auf die jede und jeder unterschiedlich reagiert. Deshalb sei sichergestellt, dass betroffenen Bäuerinnen und Bauern ein Kriseninterventionsteam zur Seite gestellt würde. Das Veterinäramt sowie das Amt für Bevölkerungsschutz zogen eine erste Bilanz: Diese lautet dahingehend, dass der Kanton Thurgau auf einen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche gut vorbereitet ist. Es erfolgt eine Auswertung der Übungsergebnisse, anhand derer alle Beteiligten allfällige Schwachpunkte eruieren, angehen und beseitigen möchten.

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