So gelingt die Galtphase optimal

Die Galtphase ist kurz, aber entscheidend für die nächste Laktation. Sie dient der Erholung, Heilung und Vorbereitung. Wer beim Trockenstellen gezielt vorgeht und Hygiene, Fütterung sowie Euterschutz beachtet, legt den Grundstein für gesunde Kühe und ein hochwertiges Kolostrum.

Die Zwischenkalbezeit der Milchkuh wird in Laktationsphasen eingeteilt: die Startphase, die Produktionsphase, die Spätlaktation und die Galtphase. Die Galtphase ist eine kurze, aber wichtige Phase. Sie dient der Erholung und Vorbereitung des Eutergewebes und ist ausschlaggebend für den Erfolg der folgenden Laktation. Die Ziele der Galtphase sind die Regeneration des Eutergewebes, die Abheilung subklinischer Euterentzündungen und die Produktion von Kolostrum bester Qualität.

Korrektes Trockenstellen

Die Milchleistung soll zum Zeitpunkt des Trockenstellens bei weniger als 15 Kilo liegen. Um dies zu erreichen muss die Energiedichte im Futter gesenkt werden, beispielsweise durch Fütterung von Ökoheu oder Beimischung von Stroh. Zusätzlich können pflanzliche Wirkstoffe oder homöopathische Mittel eingesetzt werden, um die Milchleistung zu senken. Wasserentzug zur Senkung der Milchleistung ist verboten, die Kühe müssen aus Tierschutzgründen immer Zugang zu ausreichend frischem Wasser haben.

Das Trockenstellen erfolgt abrupt, das Auslassen einzelner Melkzeiten ist nicht sinnvoll. Die Milchbildung wird durch den erhöhten Druck im Euter reduziert. Wenn die Kuh erneut gemolken wird, kommt es neben der Ausschüttung von Oxytocin auch zu einer Ausschüttung des milchbildenden Hormones Prolaktin, wodurch die Milchproduktion gesteigert wird, was ja gerade nicht erwünscht ist.

Die Galtzeit dauert idealerweise sechs bis acht Wochen. Sowohl kürzere als auch längere Galtphasen bringen Nachteile für die Milchleistung in der folgenden Laktation. Bei sehr kurzer Galtzeit ist die Qualität des Kolostrums ungenügend. Sehr lange Galtzeiten erhöhen das Risiko einer Verfettung der Kuh, mit allen nachteiligen Folgen wie Schwergeburten oder Stoffwechselstörungen.

Mit dem Trockenstellen verändert sich der Mineralstoffbedarf der Kuh. Mit dem Einsatz von speziellen Mischungen für Galtkühe kann den veränderten Bedürfnissen Rechnung getragen werden. Für eine gute Eutergesundheit wie auch für die Bildung von qualitativ gutem Kolostrum ist die ausreichende Versorgung mit Vitamin E und Selen essenziel. Die Versorgung der Galtkühe mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen kann auch durch die Applikation von Langzeitboli optimiert werden.

Risikofaktoren Entzündungen

Das Infektionsrisiko ist insbesondere zu Beginn und gegen Ende der Galtzeit hoch. Zudem sind antibiotikahaltige Trockensteller nur zu Beginn der Galtzeit wirksam, während der Schutz durch die Applikation von Zitzenversieglern die gesamte Galtzeit abdeckt.

Das Risiko von Euterentzündungen während der Galtzeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

– hohe Milchleistung beim Trockenstellen

– ungenügender Verschluss des Strichkanals

– Hygiene/Haltung

– Fütterung

– Vektoren (Fliegen, Mücken)

– Infektionserreger

– Immunsystem der Kuh

Das grösste Risiko für eine Euterentzündung am Anfang der Trockenstellperiode ist eine hohe Milchleistung beim Trockenstellen. Ein hohes Risiko für Galtviertel während der gesamten Galtzeit besteht bei einem ungenügenden Verschluss des Strichkanales. Bei etwa der Hälfte aller Milchkühe ist die Bildung des Keratinpfropfes ungenügend. Bei diesem handelt es sich um eine körpereigene, wachsartige Substanz, die den Strichkanal zuklebt. Bleibt der Strichkanal unverschlossen, ist die Eintrittspforte für Erreger weit offen.

Bei der Haltung der Galtkühe ist gute Hygiene, wie saubere, trockene Liegeflächen, saubere Tränkebecken und gute Wasserqualität, sehr wichtig, ebenso wie die Vermeidung von Stress. In den Sommermonaten ist vor allem der Hitzestress bei Kühen nicht zu unterschätzen. Fliegen und Mücken können die Kühe stark belästigen und Vektoren für verschiedene Krankheiten darstellen, unter anderem können sie auch die Erreger von Eitervierteln (Pyogenes-Mastitis) übertragen.

Ein intaktes Immunsystem der Kuh ist die beste Waffe gegen chronische und akute Euterentzündungen. Stress, Schmerzen und Krankheiten können die Funktion des Immunsystems beeinträchtigen und sollten deshalb möglichst verhindert werden.

Eine wohlverdiente Pause: In der Galtzeit tankt die Kuh Kraft für die nächste Laktation. Bild: meg.
Eine wohlverdiente Pause: In der Galtzeit tankt die Kuh Kraft für die nächste Laktation. Bild: Melanie Graf

Gesetzliche Vorgaben

Die gesetzlichen Vorgaben betreffend Trockenstellen der Milchkühe sind in der Tierarzneimittelverordung (TAMV) geregelt. Antibiotika für den prophylaktischen Einsatz dürfen durch den Tierarzt nicht auf Vorrat abgegeben werden. Für Einzeltiere dürfen nach vertieften Abklärungen durch den Bestandestierarzt antibiotische Trockensteller abgegeben werden. Beim Trockenstellmanagement wird das selektive Trockenstellen gefordert. Beim selektiven Trockenstellen wird für jeden Betrieb eine spezifische Strategie betreffend Eutermanagement in der Trockenzeit getroffen. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt. Zuerst wird anhand der theoretischen Tankzellzahl (TTZZ) eine Unterscheidung zwischen eutergesunden Betrieben (TTZZ < 150 000) und Problembetrieben (TTZZ > 150 000) gemacht. Die theoretische Tankzellzahl ist die durchschnittliche Zellzahl, wenn alle Kühe in den Tank gemolken würden, das heisst auch kranke Kühe, Kühe mit Euterentzündungen und Kühe kurz nach der Abkalbung.

Gesunde Betriebe

Bei eutergesunden Betrieben wird beim Trockenstellen zwischen gesunden Kühen und kranken Kühen unterschieden. Gesunde Kühe haben Zellzahlen (ZZ) von weniger als 150 000 und keine Mastitisvorgeschichte. Diese können mit Zitzenversiegler oder ohne Galtschutz trockengestellt werden. Um die Abheilung subklinischer Euterentzündungen zu optimieren, können die Kühe etwa eine Woche vor dem Trockenstellen geschalmt werden. Wenn ein oder mehrere Viertel stärker angeben als die anderen, wird von diesen eine Milchprobe (MP) genommen und je nach Befund (z.B. Staph. aureus, Strept. uberis) kann die Anwendung eines antibiotischen Trockenstellers trotz tiefer ZZ sinnvoll sein.

Kranke Kühe haben mehr als 150 000 ZZ und/oder erkrankten an einer Mastitis in der laufenden Laktation. Diese Tiere können mit einem antibiotischen Galtschutz trockengestellt werden, idealerweise ebenfalls nach Milchbericht. Bei Biobetrieben ist vor der Anwendung eines antibiotikahaltigen Trockenstellers immer eine Untersuchung der Milch nötig.

Management bei Problemen

Bei Problembetrieben (TTZZ > 150 000 über mehrere Monate) muss in erster Linie ein Leitkeim bestimmt werden. Es braucht eine gewisse Anzahl Milchproben, idealerweise aller Kühe mit ZZ mehr als 150 000, damit der Haupterreger diagnostiziert werden kann. Dann wird je nach gefundenem Leitkeim die sinnvolle Strategie gewählt. Bei kontagiösen (ansteckenden) Erregern, wie beispielsweise Staph. aureus, ist das Ziel eine Sanierung des Betriebs. Zusätzliche Massnahmen, wie Melkreihenfolge, Hygienemanagement und MP-Untersuchungen (Leitkeim) bei Zukauf, nach Abkalbung sowie nach Behandlung, sind nötig. Während der Sanierung werden alle Kühe mit antibiotischem Galtschutz trockengestellt.

Wenn der Leitkeim ein Umweltkeim ist, beispielsweise Strept. uberis oder E. coli, wird analog dem Vorgehen bei kranken Tieren auf eutergesunden Betrieben vorgegangen.

Anwendung und Auswahl

Zitzenversiegler (interne Versiegler) dürfen in einigen Käsereimilch-liefernden Betrieben nicht eingesetzt werden. Bei korrekter Anwendung ist der Versiegler jedoch ein gutes Hilfsmittel, um das Risiko von Neuinfektionen mit Umweltkeimen während der Galtphase zu senken. Für die korrekte Anwendung lohnt es sich, die Gebrauchsanweisungen genau zu beachten und extrem hygienisch vorzugehen. Je nach Zitzengrösse muss nicht der gesamte Inhalt eines Injektors appliziert werden, da sonst Reste des Versieglers in die Milchgänge gelangen können. Nach der Abkalbung muss der Versiegler vollständig ausgemolken werden. Dies ist besonders wichtig wenn das Kalb saugen gelassen wird, da durch die Suchbewegungen des Kalbes ebenfalls Material des Versieglers in die Milchgänge geraten kann und dann über längere Zeit die Milch verunreinigt.

Externe Zitzenversiegler sind Produkte, welche die Strichkanalöffnung von aussen verkleben. Sie müssen oft mehrfach appliziert werden und werden hauptsächlich zu Beginn des Trockenstellens angewendet, um das Milchlaufenlassen zu vermindern.

Antibiotikahaltige Trockensteller sollten nach dem zu bekämpfenden Erreger ausgewählt werden. Nicht jedes Antibiotikum ist für jeden Erreger gleich wirksam. Es ist sinnvoll, sich vom Bestandestierarzt beraten zu lassen.

Die Galtkuh ist eine Kuh, die beachtet und deren Bedürfnissen Rechnung getragen werden soll. Die Galtphase soll genutzt werden, um die Eutergesundheit im Betrieb zu optimieren. Antibiotikahaltige Trockensteller sollen gezielt ausgewählt und eingesetzt werden, dazu sind Milchprobenuntersuchungen unerlässlich.

*Die Autorin ist Tierärztin in der Tierklinik Nesslau Grosstiere

 

Das könnte Sie auch interessieren

stgallerbauer.ch Newsletter
Seien Sie die Ersten, um neueste Updates und exklusive Inhalte direkt in Ihren E-Mail-Posteingang zu erhalten.
Anmelden
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link