Entspanntes Rindvieh dank Emmett Technique
Die Emmett Technique ist eine sanfte manuelle Methode zur Muskelentspannung. Simone Rickenbach, Emmett-Instruktorin für Tiere, leitete Mitte März 2025 den ersten Kurs am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen in Flawil.

Christian Manser, Lehrer und Berater am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen, hatte den Emmett-Kurs organisiert. Zuvor hatte er die Methode am eigenen Leib erfahren, was ihn davon überzeugte, dass sie auch bei Tieren funktionieren müsste. Tatsächlich hatte Ross Emmett die Methode ursprünglich zuerst für Tiere entwickelt. Die Besitzer der behandelten Tiere baten ihn, sie doch auch bei ihnen anzuwenden, und so verbreitete sich die Entspannungstechnik zusätzlich und kam zuerst als Methode für Menschen nach Europa. In der Schweiz wird sie immer häufiger auch bei Tieren angewandt; bei Pferden und Hunden schon etwas länger, bei Kühen erst seit letztem Jahr. Bei dem zweitägigen Kurs von vergangener Woche haben zehn Frauen und vier Männer die Methode in ihren Grundprinzipien kennengelernt. Auch praktisch wurden ein paar der wichtigsten Griffe vermittelt.

Einführung in die Methode
Am ersten Kurstag erfuhren die Teilnehmenden, worum es sich bei der Emmett Technique handelt, und welche Philosophie dahintersteckt. Am eigenen Unterarm und am Rücken erfuhren sie, was sich verändert, wenn bestimmte Punkte gedrückt werden. Wie sich herausstellte, wenden die meisten der Kursteilnehmenden gewisse Methoden bereits bei ihren Tieren an oder kennen sich mit Homöopathie und Phytotherapie aus. «Das Wohl der Tiere muss jedem Bauern am Herzen liegen. Denn gesunde Tiere sind leistungsfähiger und das ist für die Wertschöpfung wichtig. Die eigenen Tiere kennt man und man spürt es, wenn es ihnen nicht gut geht. Die Emmett Technique ist eine weitere Methode, die einem zur Verfügung steht», sagte eine der Teilnehmerinnen. Damit bestätigte sie das, was die Kursleiterin vermittelte. «Es ist eine Hilfe zur Selbsthilfe. Wir geben mit dem sanften Druck unserer Finger einen Impuls, der Körper macht den Rest selber. Die Muskeln entspannen sich», erklärte Simone Rickenbach, die im Fricktal sowohl Physiotherapeutin als auch Emmett-Anwenderin für Mensch und Tier ist. Sie hat die Emmett-Technik für Menschen bei Ross Emmett selbst erlernt, der damals für die Ausbildungen nach Europa gekommen ist.

Definierte Punkte
Verspannungen kennt der Mensch vom eigenen Körper und beim Tier ist es nicht anders. Der Bauer merkt, wenn sein Tier den Kopf schräg hält, das Becken sich nicht gleichmässig hin und her bewegt oder der Gang sich verändert hat. Es fällt ihm auf, wenn der Kopf tief gehalten wird, die Kuh Mühe mit dem Milchfluss oder beim Kalbern hat oder es lange dauert, bis die Nachgeburt ausgestossen wird. Beim Abtasten der Muskulatur entlang der Wirbelsäule oder am Becken merkt der Bauer, ob die Muskeln verspannt sind, sie härter als auf der anderen Seite sind. Solche Verspannungen erspürten die Kursteilnehmenden an einigen Kühen von Werner Iten, der auch am Kurs teilnahm. Simone Rickenbach erklärte den Aufbau der Behandlung. Sie sprach von Schaltern und Haltepunkten, welche die zu behandelnde Stelle und das umliegende Gewebe beeinflussen, und zeigte die Punkte auf einer grossen abgebildeten Kuh. Die Punkte sind alle von Ross Emmett definiert worden. Die Schalter werden nur kurz gedrückt; die eigentlichen Behandlungspunkte hingegen vier bis 20 Sekunden. Die Kursleiterin zeigte, wie man neben dem Tier steht, in welche Richtung gedrückt wird, wie man die Punkte findet und welche Finger am besten eingesetzt werden. Sie kontrollierte, half bei Unsicherheiten und beantwortete viele Fragen. Ein wichtiger Teil war die Beobachtung des Tieres nach der Behandlung. Da zeigte sich nach der kurzen Intervention Erstaunliches. Das Tier atmete tiefer und stärker, es senkte «unterwerfend» den Kopf, hob ihn wieder an, schien verwundert und in sich hineinzuhorchen, schüttelte ein Bein aus oder stand von einem Bein aufs andere und nahm erst nach einer ordentlichen Weile wieder Kontakt mit der Umgebung auf. «Das sind typische Verarbeitungsanzeichen und wir geben der Kuh so viel Zeit, wie sie braucht», betonte Simone Rickenbach. «Man muss sich in Geduld üben und warten, bis die Kuh wieder bereit ist», stellte ein Teilnehmer fest. Eine weitere Behandlung gibt es erst, wenn die Kuh wieder präsent ist.

Zeit für Verarbeitung
In einem weiteren Block zeigte Simone Rickenbach Griffe, die vor, während und nach der Geburt oder vor der Besamung angewendet werden können. «Die Natur schaut am besten. Wenn das Tier keine Probleme hat, dann braucht es auch keine Behandlung. Wenn jedoch bekannt ist, dass die Kuh beim letzten Kalbern bereits Schwierigkeiten hatte, dann sind die Griffe angesagt», informierte die Kursleiterin, die sachlich und ruhig durch die Tage führte. «Tiere sind ehrlicher als Menschen. Sie nehmen sich die Zeit, die sie brauchen, um die Behandlung zu verarbeiten», meinte Sibyl Nitschke, die die Emmett Technique bereits bei Menschen in eigener Praxis anwendet. Sie hat am Kurs gelernt, dass sich der Aufbau der Behandlung beim Tier etwas von jener am Menschen unterscheidet. «Ich hatte schon mehrere Landwirte in der Praxis, die ganz erstaunt waren, wenn sie den Kopf wieder auf beide Seiten drehen konnten. Sie sind sicher auch offen für die Methode bei ihren Tieren», sagte sie schmunzelnd. Blanca Fässler-Wyss wendet die Akupressur bei Menschen und ihren Tieren im Stall an. «Alles, was das Wohlbefinden steigert, ist von Vorteil und wenn man dabei die Tierarztkosten senken und die Milchleistung steigern kann, umso besser.» Mit der Emmett Technique hat sie eine weitere Methode an die Hand bekommen, Verspannungen zu lösen, die allerlei Einflüsse auf den Körper und seine Leistungsfähigkeit haben können. So wie Fässler-Wyss zeigten sich alle Kursteilnehmenden interessiert, neugierig und anhand der Reaktionen der Kühe total überzeugt. «Bleibt dran und übt gleich nach dem Kurs an euren eigenen Tieren weiter», riet Simone Rickenbach.