Neue Volksinitiativen werden spruchreif
In den nächsten beiden Jahren werden die Biodiversitäts- und die Landschafts-Initiative die Schweizer Landwirtschaftspolitik prägen. Beide enthalten viel politischen und wirtschaftlichen Zündstoff mit Blick auf die produzierende Landwirtschaft.

Noch hat sich der Wirbel um die letzte Landwirtschaftsvorlage, die Massentierhaltungs-Initiative nicht gelegt, und bereits stehen mit der Biodiversitäts- und der Landschafts-Initiative zwei weitere durchaus schwergewichtige Abstimmungen an, die massive Auswirkungen auf die produzierende Schweizer Landwirtschaft haben. Zugleich haben sie starken Rückenwind von den CO2-Zielen sowie dem Kampf gegen die Zersiedlung der Schweiz durch die Schweizer Agrarpolitik. Beide Initiativen sind aus den gleichen Kreisen mit gemeinsam über 213 000 Unterschriften im September 2020 eingereicht worden. Beide haben das Ziel, den dramatischen Verlust der Artenvielfalt, die Zerstörung von Natur, Landschaft und Baukultur sowie den Bauboom ausserhalb der Bauzonen zu stoppen.
Betrifft Landwirtschaft
«Die Biodiversitäts-Initiative sichert die Vielfalt der Natur, die Landschaft und Baudenkmäler», ist auf der entsprechenden Homepage zu lesen. So fordert die Initiative, dass die Natur, die Landschaft und das baukulturelle Erbe auch ausserhalb der Schutzobjekte geschont werden. Zudem müssen die zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität erforderlichen zusätzlichen Flächen, Mittel und Instrumente zur Verfügung stehen. Die jüngsten internationalen Abkommen zur globalen Sicherung der Biodiversität in Montreal bringen der Initiative noch mehr Rückhalt und liefern viel Wasser auf die Mühlen der Initianten. Im entsprechenden Papier haben sich die 196 Staaten inklusive Schweiz in Montreal das Ziel gesetzt, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen sind. Zugleich haben sich die Staaten verpflichtet, die Risiken aus Pestiziden und Düngemitteln in der Natur zu halbieren. Dies wiederum entspricht dem bereits in der Schweiz eingeleiteten und politisch abgesegneten Absenkpfad. Pikant ist auch die Forderung, dass bis 2030 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mindestens um 50 Prozent reduziert werden muss, wobei der Fokus auf den Insektiziden liegt. Es liegt auch konkret eine Forderung für eine biodiversitätsfreundliche Landwirtschaft vor, was ebenfalls Rückenwind für die Initiative ist.
Zersiedelung stoppen
«Die Landschafts-Initiative ist eine Reaktion auf den schleichenden Abbau der Gesetzgebung im Natur- und Landschaftsschutz», halten die Initianten fest. Ihnen ist es ein Dorn im Auge, dass immer mehr ausserhalb der Siedlungen gebaut wird. Dies, obwohl es eigentlich grundsätzlich nicht oder in höchst begrenzter Weise erlaubt ist, in Nichtbaugebieten zu bauen. «Die Initiative will verhindern, dass Landwirtschaftszonen zu multifunktional genutzten Gewerbezonen und Funparks werden. Zweckänderungen von Bauten zu landwirtschaftsfremden, gewerblichen Nutzungen sollen nicht mehr zulässig sein», sagen die Initianten. Konkret heisst dies, dass die Initiative das Bauen ausserhalb der Bauzonen stoppen will. Sie verlangt im Grundsatz, dass zu überbauende Flächen kompensiert werden müssen. Zweckänderungen von Bauten zu landwirtschaftsfremden gewerblichen Nutzungen sollen nicht mehr zulässig sein. Die Kompensation sehen die Initianten darin, dass die nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Bauten sich rückbauen lassen müssen. Dadurch wird Fläche wieder frei, und diese können dann als Ausgleich für neue landwirtschaftliche Bauten genutzt werden. Die genannten Hunderttausende von Ställen und Scheunen, die von der modernen Landwirtschaft nicht mehr gebraucht werden, sollen entsprechend dem Ziel der Landschafts-Initiative langfristig verschwinden.
Wer ist dabei
Der Trägerorganisation für die Biodiversitäts- wie auch Landschafts-Initiative gehören an: Pro Natura, BirdLife, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, JagdSchweiz, der Schweizer Heimatschutz, casfair und der Schweizer Fischereiverband sowie Fair Fish. Im Unterstützungskomitee sitzen für die Biodiversitäts-Initiative aus bäuerlichen Kreisen Bio Suisse, die Kleinbauernvereinigung, Bioterra, das Netzwerk Schweizer Pärke oder bionetz.ch. romü.