Weinlese 2024: Weniger Ertrag, aber exzellente Qualität
Das Weinjahr 2024 war eines der anspruchsvollsten seit langem. Starke Regenfälle, ein herausfordernder Pflanzenschutz und wechselhaftes Wetter prägten die Saison. Dennoch können sich Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber freuen: Trotz geringer Erntemengen überzeugt der Jahrgang 2024 mit hervorragender Qualität.
Der starke Regen in diesem Jahr verunmöglichte den Winzerinnen und Winzern teilweise das Befahren der Fahrgassen. Deshalb war es schwierig, den Pflanzenschutz rechtzeitig zu erledigen. Auch der goldene Herbst liess zu wünschen übrig. Nichtsdestotrotz kann man sich auf den Jahrgang 2024 freuen. Die kühlen Nächte im September haben es vollbracht, eine fantastische Aromatik in die Keller zu bringen. Zudem glänzen die Jungweine bereits jetzt mit einer guten Struktur bei moderatem Alkoholgehalt. Das ist nicht selbstverständlich, da man sich doch langsam an eine Ernte im T-Shirt gewöhnt hatte.
Frost im Frühling
Dieser Winter war verhältnismässig mild, der Februar war sogar der wärmste in der Schweiz seit 1864 und weltweit gesehen war er sogar der wärmste seit 1979 (Quelle: Meteo Schweiz). Diese Situation versprach wieder einen sehr frühen Austrieb und brachte damit die Gefahr von Spätfrösten mit sich.

Dem war auch so: Ende März waren die Knospen im Staatswingert Frümsen schon sehr stark angeschwollen, bei ganzen frühen Sorten stand der Knospenausbruch unmittelbar bevor. Der Austrieb erfolgte dann in der ersten Aprilwoche, also rund drei Wochen früher als im Jahr 2023. Zudem wurde es wieder kalt im April, Frostgefahr bestand vom 18 bis 24. April. Temperaturen unter null Grad wurden am 21. und 22. April verzeichnet. Vereinzelt kam es vermutlich zu ganz leichten Schädigungen. Vermehrt war jedoch eine Stresssituation der Rebe zu beobachten. Die Rebe brauchte einige Zeit, um sich zu erholen, und der Wuchs ging nur zögerlich voran. So wurde der Vegetationsfortschritt von gut drei Wochen wieder etwas eingebremst. Dennoch zeichnete sich ein früher Beginn der Pflanzenschutzsaison ab.
Intensive Pflanzenschutzsaison
Der Pflanzenschutz im Jahr 2024 war einer der herausforderndsten seit vielen Jahren, von Winzerinnen und Winzern hörte man oft: «So was habe ich noch nie erlebt.» Der Beginn der Pflanzenschutzsaison wird eingeläutet, wenn alle Bedingungen für erste Infektionen des Falschen Mehltaus erfüllt sind. Ab dann sollten die Winzerinnen und Winzer parat sein, um erste Applikationen setzen zu können. Eine erste Bodeninfektion wurde vom Prognosemodell Agrometeo für die Wetterstation in Frümsen bereits am 10. April errechnet. Andere Stationen erreichten um den 15. April die Bedingungen für erste Infektionen. Das war der Beginn einer langen und intensiven Pflanzenschutzsaison. Aufgrund der ständigen Niederschläge waren die Böden komplett durchnässt, was die Befahrbarkeit stark erschwerte. Zudem gab es wenige trockene Zeitfenster, um gezielt eine Behandlung zu setzen. Einige Winzerinnen und Winzer mussten deshalb Ertragseinbussen in Kauf nehmen. Die Monate Mai und Juni waren sehr nass und über dem Durchschnitt. Auch der Juli war noch sehr nass, im August hat sich dann das Wetter gebessert.
Viel Falscher Mehltau
Die schlechte Witterung im Juni führte zu einer starken Verrieselung bei diversen Rebsorten (siehe Kasten). Teilweise waren die PIWI-Sorten stärker von der Verrieselung betroffen. Es ist jedoch schwierig, eine konkrete Aussage zu machen, da keine Bonituren durchgeführt wurden. Neben dem starken Druck des Falschen Mehltaus führte auch dieser Faktor zu einer weiteren Reduktion der Ernte. Somit war im Sommer schon klar, dass es 2024 wohl keine grosse Ernte geben würde. Der einzige Vorteil eines schwachen Behangs am Stock ist, dass die Rebe sich um weniger Trauben kümmern muss und somit die Qualität verbessert wird.
Wechselhafter Herbst
Im August besserte sich das Wetter und die Hoffnung auf einen goldenen Herbst stieg. Leider wurden Winzerinnen und Winzer auch diesbezüglich enttäuscht. Der September war wieder sehr wechselhaft und unbeständig. Dies erschwerte die Planung der Lesetermine und es musste jeder schöne Tag genutzt werden, um die Trauben bei bester Gesundheit ernten zu können. Aufgrund der Witterung erstreckte sich die Lese über einen relativ langen Zeitraum, dies war aber notwendig, um sortenspezifisch die perfekte Reife zu erreichen. Dennoch wurden bei spätreifen Sorten tiefere Oechsleschnitte erreicht als im Vorjahr, der Blauburgunder hielt sich dafür konstant.
Die Lese begann auch dieses Jahr wieder sehr früh, der früheste Traubenposten wurde bereits am 30. August geerntet. Die Haupternte der weissen Sorten begann am 5. September, die roten Sorten folgten Mitte September. Der Grossteil der spätreifen Sorten wie Merlot, Diolinoir oder Cabernet Sauvignon wurden Ende Oktober gelesen. Der allerletzte Posten traf am 12. November im Keller ein. Somit endete ein turbulentes und herausforderndes Weinjahr. Natürlich geht die Arbeit im Keller weiter, auch in den Rebbergen gibt es zu tun. Die grossen Betriebe fangen bereits mit dem Rebschnitt an, auch diverse Mulcharbeiten werden noch ausgeführt, bevor sich dann auch die Winzerinnen und Winzer ein wenig erholen können.
Wenn man die Gesamterntemenge mit dem zehnjährigen Schnitt (963 759 kg) vergleicht, wurden dieses Jahr (733 559 kg) rund 24 Prozent weniger geerntet. Im Vergleich zu 2023 (1 054 597 kg) wurden sogar 30 Prozent weniger Trauben geerntet. Die Hauptverlierer dieses Jahr waren dabei die roten Sorten (413 709 kg) mit gut 32 Prozent weniger Ertrag als im zehnjährigen Schnitt (636 434 kg). Die Weissweinernte liegt nur knapp unter dem zehnjährigen Schnitt.
Zum aktuellen Jahrgang
Die Menge ist dieses Jahr bescheiden, etwas mehr als im nassen Jahr 2021. Die Qualität hingegen ist sehr hoch. Die Aromatik der Weine wird super werden, die kühlen Nächte im September haben diese Entwicklung begünstigt. Teilweise werden die Weine etwas niedriger im Alkoholgehalt sein, aber Geniesserinnen und Geniessern alkoholärmerer Weine spielt dies in die Karten. Dennoch wird es auch kräftige Rotweine vom Jahrgang 2024 geben, die von einer guten Struktur profitieren und eine Langlebigkeit mit sich bringen werden.
Was ist eine Verrieselung?
Die Verrieselung ist eine Befruchtungsstörung und bedeutet, dass ungewöhnlich viele Blüten abgestossen werden, was letztendlich zu einem geringeren Ertrag führt. Verschiedene Faktoren können eine Verrieselung begünstigen, zu diesen zählt auch eine kühle und nasse Witterung während der Blütephase.