Hin zum natürlichen Weihnachtsbaum

Rund 70 Christbaumproduzentenfamilien aus Deutschland, Dänemark, England, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Irland, Tschechien, Polen und der Schweiz waren drei Tage lang in der Ostschweiz unterwegs. Unter anderem waren sie bei Stefan Oberholzer, Christbaumproduzent und Präsident IG Suisse Christbaum in Flawil.

Die Christbaumproduzenten bewundern die gesunden Blaufichten.
Die Christbaumproduzenten bewundern die gesunden Blaufichten.

Sie haben Verspätung. Es gab ein Problem mit der Tür des Reisecars. Es ist der zweite Tag des europäischen Treffens der Christbaumproduzenten in der Ostschweiz. Am Vortag besuchten die Gäste die Obst- und Beerenkulturen der Peter Knup Produktions AG in Kesswil und die Straub Christbaumkulturen AG von Jeanette und Bruno Straub in Hefenhofen. Dort sassen die Christbaumproduzenten zu Beginn des Sommers lange zusammen und tauschten sich rege aus. Entsprechend müde zeigen sich einige von ihnen, als sie am zweiten Tag bei Stefan Oberholzer eintreffen. «Ich muss mich etwas mehr konzentrieren», sagt etwa Eberhard Hennecke, Vorsitzender des Bundesverbands der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger in Deutschland e.V., als er im Bubental in den Kulturen mit Blautannen steht und feststellt, dass die Märkte für Christbäume in Deutschland anders funktionieren als in der Schweiz. «Hier scheint der Kunde für die Regionalität sensibilisiert zu sein.»

Zwischen Blaufichten

Anita Kuratli, die Partnerin von Stefan Oberholzer, hat mit ihrem Team in der Halle neben dem reichhaltigen Hofladen alles für die Kaffeepause eingerichtet. Schlorzifladen und Nussgipfel stehen bereit, die Kaffeemaschine ist warmgelaufen. Für die Englisch sprechenden Gäste steht ein Dolmetscher bereit. Stefan Oberholzer lädt zur Besichtigung auf seine Blaufichten-Anlage ein. Er erzählt, warum er sich dafür entschieden habe, dass er Glück mit der Baumschule habe, die eine super Züchtung hervorbrachte, und dass er vorletztes Jahr mit dem Verkauf von Blaufichten begonnen habe. «Es ist ein dankbarer, pflegeleichter Baum, der wenig Arbeit erfordert.» Auch werde er noch nicht viel angebaut, die Nachfrage sei jedoch gut. Als Versuch habe er da und dort dazwischen Nordmann gesetzt. Da hören die Gäste hin und stellen auch fachliche Fragen. Oberholzer erzählt auch von der unterschiedlichen Witterung, von Frösten, die im Bubental vorkommen können, letztes Jahr aber zum Glück ausgeblieben seien, vom zu warmen Herbst und vom vielen Regen. Den Blautannen konnte alles nichts anhaben. Eberhard Hennecke entdeckt allerdings an einem Ast einen Pilzbefall. Die Nadeln sind rötlich gefärbt. «Das muss ich ihm zeigen», sagt er. Behandeln könne man das nicht, aber vorbeugend etwas unternehmen schon.

Unterschiedliche Grössen

«Wir haben alle die gleichen Probleme, da unterscheiden wir uns nicht gross», sagt Stefan Oberholzer, bevor die Gäste eintreffen. «Bei solchen internationalen Treffen tauschen wir uns über den Markt aus, über Schädlinge, spezielle Züchtungen und den Absatz.» Man tausche sich auch während des Jahres via Mail aus oder in Onlinesitzungen. «Im Vergleich zu Deutschland, Dänemark oder Frankreich sind wir kleine Produzenten. In der Schweiz gibt es schätzungsweise 600 Hektaren Christbaumkulturen. Im Ausland hat teilweise ein Produzent so viel. Frédéric Naudet aus Frankreich etwa pflegt auf 500 Hektaren Christbäume und bietet zusätzlich Bäume und Büsche aller Art an und unterstützt Aufforstungsprojekte. «Wir haben zusätzlich eine Baumschule und wir sind mit unserer Produktion weit weg von den Leuten, können also nicht direkt vermarkten. Wir beliefern Ladenketten und Gartencenter. Für mich ist es interessant, zu sehen, dass die Christbaumproduzenten hier auch anderes vom Hof anbieten und regional vermarkten», sagt er. «Die kurzen Wege sind auch ein Unterschied zu uns.» Die lokale Produktion und eine gute Qualität werden Zukunft haben, ist er überzeugt.

Viel Lob für die Schweizer

Ähnlich tönt es von anderen Produzenten. Russell Stanhope ist ein kleiner Produzent mit vier Hektaren Christbäumen. Er hat 2022 den Spitzenbaum für Downingstreet Nr. 10 hervorgebracht. Einen entsprechenden Wettbewerb hatte er gewonnen. «Ich sehe, dass hier mit der Natur gearbeitet wird. Die Qualität der Bäume ist gut. Stefan Oberholzer muss auch Rücksicht auf die Wasserschutzzone nehmen. Wir haben weniger Platz, bei uns ist alles enger und wir haben nur Christbäume, keine Obstbäume», stellt er fest. Auch er sieht die Zukunft der Christbäume im Direktverkauf. «In England haben wir eine grosse Konkurrenz. 70 Prozent der Weihnachtsbäume sind aus Plastik.» «Kerstbomen» produziert der Niederländer Hans van de Laar auf 14 Hektaren. Er arbeitet mit einem Züchter in Dänemark zusammen und baut verschiedene Tannen an. «Ich habe festgestellt, dass die Qualität in der Schweiz gut ist. Grundsätzlich gibt es nicht so viele Unterschiede. Wir machen vielleicht mehr Formschnitte, hier scheint es mehr natürliche Bäume zu geben. Ich hoffe, dass wir auch in diese Richtung gehen können.» Van de Laar meint sogar, dass es europaweit ein Programm geben sollte, das den natürlichen Baum zum Ziel hat. «Es sollten auch weniger Spritzmittel eingesetzt werden.»

Wertvolle Impulse

Beim Stichwort Spritzmittel kommt Uwe Klug ins Spiel. «Unser Fami- lienbetrieb wurde 2023 für unser Pilotprojekt des Einsatzes von Untersaaten in Weihnachtsbaumkulturen mit dem Ziel, Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit zu vereinen, als erster Weihnachtsbaumproduzent mit einem Taspo-Award ausgezeichnet», steht auf seiner Produzentenseite. Vor Ort erklärt er, dass sie in dem europaweit einzigartigen Pilotprojekt versuchen, die Klimalandwirtschaft im Weihnachtsbaumanbau umzusetzen. «Durch ausgewählte Untersaaten verzichten wir inzwischen weitestgehend auf Herbizide und Mineraldünger. Die Untersaaten binden Kohlendioxid und halten die Bodenfeuchte in trockenen Jahren. Speziell unsere Hanglagen werden durch die Untersaaten besser vor Abschwemmung bei Starkregen geschützt. Zudem fördern sie Bodenlebewesen und erhöhen die Artenvielfalt.»

Uwe Klug hat auch die «Bodentage» ins Leben gerufen. Erst Anfang Juni war wieder einer auf seinem Betrieb. Dafür lud der Christbaumproduzent Fachleute ein, die zu den Schwerpunktthemen «Grundzüge der Düngung», «Aktueller Forschungsstand zu Untersaaten» und «Maschineneinsatz» referierten. Im Rahmen des europäischen Christbaumproduzententreffens in der Schweiz konnte er anderen davon erzählen.

Russell Stanhope (UK), Hans van de Laar (NL) und Frédéric Naudet (F) äusserten sich zur Schweizer Produktion.
Russell Stanhope (UK), Hans van de Laar (NL) und Frédéric Naudet (F) äusserten sich zur Schweizer Produktion.

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