Erfahrungsaustausch zur Blumenwiesenansaat

Vergangene Woche organisierte die Fachstelle Futterbau/Biodiversität des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen einen Informationsabend zum Thema Blumenwiesenansaat und Qualitätsstufe 2. Der Anlass fand auf dem Betrieb von Martin Rickli im Bifang in St. Gallenkappel statt.

Nicole Inauen und Daniela Paul (v.l.) gaben vor Ort Informationen zur Blumenwiesenansaat.
Nicole Inauen und Daniela Paul (v.l.) gaben vor Ort Informationen zur Blumenwiesenansaat.

Informationen aus erster Hand und aus der Praxis, das bot der Erfahrungsaustausch Blumenwiesenansaat in St. Gallenkappel. Trotz des regnerisch-unsicheren Wetters traf sich eine Gruppe Interessierter auf dem Betrieb von Martin Rickli.

Hügeliges Stück Land

Die Referentinnen Daniela Paul und Nicole Inauen vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen in Flawil sind begeistert von der Vielfalt und der Entwicklung von Ricklis Blumenwiese. Die Ansaat war allerdings nicht ohne. «Die Betriebsfläche wird intensiv genutzt, mit sechs bis sieben Schnitten pro Jahr», erklärte Martin Rickli. Die Entscheidung, eine Zwei-Hektaren-Ökofläche zu realisieren, entstand, weil zum Hof ein Stück Land gehört, das nicht einfach zu bewirtschaften, also recht hügelig, ist. Nicole Inauen wies darauf hin, dass es in der Runde vielleicht ebenso Landwirte gebe, die ein schwierig zu bewirtschaftendes Stück Land hätten und dass bis 2026 womöglich noch bessere Aufwandsentschädigungen für Blumenwiesenansaaten gelten würden als später.

Doch weg vom Geld – hin zur Wiese: Bei der Wiesenbegehung erklärten die beiden Referentinnen die Wichtigkeit einer vielfältigen Blumenwiese für die Insekten und die ganze Tierwelt sowie auch für den Erhalt die Pflanzendiversität. In St. Gallenkappel entstand aufgrund der Bodentypologie und des Standorts eine artenreiche Fromentalwiese, eine typische extensive Heuwiese im Talgebiet. Anschliessend machten sich die Teilnehmenden auf die Suche nach Zeigerpflanzen und wurden fast im Sekundentakt fündig: Wilde Möhre, Flockenblume, Kleiner Wiesenknopf, Habermark, Thymian und so weiter. All diese Arten konnten durch die Ansaat erfolgreich auf die Fläche gebracht werden. In den kommenden Jahren müssen sie sich weiter etablieren, wobei die richtige Bewirtschaftung die zentrale Rolle spielt.

Richtiger Schnittzeitpunkt

Die Frage nach dem richtigen Schnittzeitpunkt ist zentral. «Bei einer Blumenwiese ist es immer für einige Blumen der richtige Zeitpunkt und für andere der falsche. Ausschlaggebend ist, ob das Hauptgras, hier also das Fromental, reif ist. Fallen die Samen raus, wenn man sie quetscht und übers Knie schlägt, ist der Zeitpunkt gut», erklärte Nicole Inauen. Sie riet, erst zu mähen, wenn der Boden wirklich trocken ist und das Wetter gut, damit das Schnittgut auf der Fläche ganz dürr wird und so möglichst viele Samen rausfallen können. Auch beim zweiten Schnitt nach acht bis zehn Wochen ist das Absamen wichtig. Die Gräser- beziehungsweise Blumenhöhe vor Wintereinbruch hoch zu halten und nicht mehr zu mähen, sei hingegen ein häufiger Fehler.

Im theoretischen Teil dokumentierte Landwirt Martin Rickli anhand von Bildern die Arbeitsschritte, die für eine erfolgreiche Blumenwiesenansaat nötig sind. «Ich habe am 8. Dezember 2022 die Fläche mit dem Pflug umgebrochen. Die Bearbeitung muss stimmen. Das ist das A und O», erklärte der Betriebsleiter. Einzelne Stellen seien mit dem Pflug nicht gut gegangen, da das Gras wieder durchbrach. «Im Frühling habe ich die Fläche dann geeggt, insgesamt sieben Mal. Das Saatbeet war danach fein wie Staub. Die erste Bearbeitung ging 15 Zentimeter tief und wurde danach immer geringer», blickt Martin Rickli zurück. Daneben galt es, auch Steine und Blacken zu entfernen.

Am 15. Juli (für die beiden Expertinnen eher an der späteren Aussaat-Termingrenze) war es so weit: Martin Rickli konnte die Aussaat veranlassen. Diese sorgfältige Saatbettvorbereitung und die späte Saat waren wohl das Erfolgsrezept für die gelungene Ansaat. «Danach regnete es ziemlich intensiv und einen kleinen Teil schwemmte es nach unten», zog der Landwirt Bilanz. Der Säuberungsschnitt erledigte er mit dem Motormäher am 7. September. «Ich achtete darauf, dass die Messer gut geschliffen waren, der Balken hochgestellt war und ich langsam lief», erzählte er. Der Schnitt wurde liegen gelassen. Erst der zweite wurde eingeholt.

Hirse als gutes Zeichen

Das Hirseaufkommen bereitete Martin Rickli Sorgen, doch Daniela Paul konnte das relativieren: «Im ersten Jahr ist das immer so und wenn Hirse aufkommt, ist das ein gutes Zeichen für die spätere Naturwiese.» Die Fachfrau bemerkte auch, dass überall dort, wo es in einer bestehenden Wiese Hirse gebe, eigentlich ein guter Standort für eine Naturwiese wäre. Eine Frage aus dem Publikum, wie es mit Nagelfluh-Untergrund sei, da man dort ja nicht pflügen könne, beantwortete Nicole Inauen dahingehend, dass es auch flachere Bearbeitungsalternativen oder gar Folienabdecken gebe.

Merkblatt einhalten

Nicole Inauen und Daniela Paul wiesen darauf hin, dass es wichtig sei, die empfohlenen Schritte des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen einzuhalten, da sonst das Gelingen der Blumenwiese ungewiss sei und somit auch das Erreichen der Qualitätsstufe 2 (Q2). Bevor man das Projekt starte, müsse der Landwirt eine Umbruchbewilligung bei der kantonalen Fachstelle beantragen, danach folge eine Beurteilung zur Standorteignung. Ebenso müsse die Fläche vorgängig beim Landschaftsqualitätsprojekt angemeldet werden, wenn finanzielle Unterstützung gewünscht sei. «Die Entschädigungen für die Anlage einer Blumenwiese sind in unserem Kanton bis jetzt noch grosszügig», erklärte Nicole Inauen. Grundsätzlich sei eine artenreiche Heuwiese auf allen Böden realisierbar, vorausgesetzt das Saatgut werde abgestimmt. Einzig schattige Standorte machten es unmöglich.

Die Beraterinnen Daniela Paul und Nicole Inauen erläuterten auch verschiedene Varianten von regionalem Saatgut: die St. Galler Mischungen, Heudruschsaat und die Königsdisziplin «Schnittgutübertragung». Eine Umfrage am Anschluss des Abends zeigte: Viele der Teilnehmenden könnten sich eine Streifenansaat vorstellen, haben nun aber auch das Wissen, eine grössere Fläche professionell anzusäen und dem Beispiel Martin Ricklis zu folgen.

Die Flockenblume als Zeigerpflanze ist begehrt bei Bienen und Co.
Die Flockenblume als Zeigerpflanze ist begehrt bei Bienen und Co.

Das könnte Sie auch interessieren

stgallerbauer.ch Newsletter
Seien Sie die Ersten, um neueste Updates und exklusive Inhalte direkt in Ihren E-Mail-Posteingang zu erhalten.
Anmelden
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link