Biobauer baut Cannabis an – legal

Seit 2021 laufen in der Schweiz mehrere vom Bundesamt für Gesundheit bewilligte Pilotversuche mit Cannabis. Sie prüfen die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken. Ein Landwirt berichtet über die Herausforderungen beim Anbau.

Es riecht süsslich auf dem Feld im Solothurner Jura. Mathias und eine Kollegin schneiden mit einer grossen Schere reife Hanfpflanzen ab und legen sie in einen Anhänger. Es ist Erntetag. Anschliessend bringt der Biobauer die Pflanzen in einen Trocknungsraum. Dort werden sie Pflanze für Pflanze aufgehängt. Grosse Luftentfeuchter und Lüfter sorgen für eine gute Trocknung.

Mathias bei der Ernte.
Mathias bei der Ernte.

Nur auf dem Schwarzmarkt

Mathias ist Teil eines Pilotprojektes, das vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) bewilligt wurde. Das BAG prüft in seinem Pilotversuch, das 2021 gestartet ist, die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu «Genusszwecken».

Bis heute können Konsumierende Cannabisprodukte nur vom Schwarzmarkt beziehen. Dabei wissen sie nicht genau, was in der Ware drin ist. Oft werden in der Praxis die Drogen mit anderen Stoffen gestreckt, die gesundheitsschädlich sind. Das Problem sind auch unbekannte THC-Gehalte oder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Bei der kontrollierten Abgabe wird die Qualität des Cannabis im Labor untersucht und dieses danach geprüft verkauft.

Sehr viel Handarbeit

Für Mathias, der einen Biobauernhof im Nebenerwerb führt, ist die Teilnahme am Pilotprojekt ein interessanter Versuch. Vor drei Monaten erst hat er die jungen Cannabispflänzchen von der Partnerfirma Swissextract erhalten. Swissextract hat für den Anbau und die Züchtung von Cannabispflanzen vom BAG eine Sonderbewilligung erhalten. Sie darf nun Cannabis für verschiedene Pilotversuche in der Schweiz liefern, dafür braucht es eine Bestellung durch einen am Pilotversuch teilnehmenden Verein und eine Anbaubewilligung.

Die Aufgabe des Landwirts ist es, die Pflanzen im Freiland zu kultivieren, zu ernten und zu trocknen. Abgegeben wird das Erntegut in Form von getrockneten Blüten. Der grosse Teil der Arbeit fällt für Mathias also erst mit und nach der Ernte an. Von Hand werden die Pflanzen geerntet und aufgehängt. Von Hand werden die Blätter von den Cannabispflanzen entfernt, die Blüten abgeschnitten und auf Schimmelbefall überprüft. Sehr viel Handarbeit also.

Qualität kontrolliert

Im Rahmen der kontrollierten Abgabe von Cannabis werden die Lieferketten vom Saatgut bis zum Produktvertrieb überwacht und streng kontrolliert. Die Reglementierung: Es gilt ein THC-Wert von maximal 20 Prozent mit einer Toleranz. Die Rückverfolgbarkeit für die Cannabisprodukte ist gewährleistet.

Gleichzeitig ist der Anbau von Cannabis auf dem Biohof auch ein Sortenversuch. Ungefähr zehn verschiedene Sorten baut Mathias an. Diese sind zu unterschiedlichen Zeiten reif für die Ernte. Insgesamt haben Matias und seine Helfer 830 Pflanzen gesetzt. Um das Hanffeld herum steht ein doppelter Gitterzaun mit Alarmanlage und Videoüberwachung. Zu gross ist das Risiko für einen Diebstahl. Mit seiner ersten Ernte ist Mathias mittelmässig zufrieden: «Da es mein erstes Anbaujahr war, kann ich es noch nicht vergleichen.»

Es war eine grosse Herausforderung, (…) den richtigen Erntezeitpunkt zu erwischen.

Durch den Versuch habe er aber auch viele Erkenntnisse gewonnen, die er in der laufenden Ernte und Trocknungskampagne anwenden könne. Grundsätzlich ist Hanf sehr pflegeleicht. Jedoch sind weibliche Klone, also Stecklinge, anfälliger auf Schimmel.

Der Cannabisanbau für den Pilotversuch ist gleichzeitig ein Anbauversuch.
Der Cannabisanbau für den Pilotversuch ist gleichzeitig ein Anbauversuch.

«Wir haben in der Schweiz sehr unterschiedliche Wetterbedingungen, das kann von der Bodenvorbereitung über die Pflanzung bis zur Ernte der reifen Pflanzen einen grossen Einfluss haben», erklärt der Landwirt. Daher würde er klar auf eine Monokultur verzichten. Eine sinnvolle Vielfalt von etwa fünf Sorten ermöglicht es, Spitzen zu brechen. «Es war eine grosse Herausforderung, bei den verschiedenen Sorten den richtigen Erntezeitpunkt zu erwischen», erklärt Mathias.

Die Cannabissorten haben unterschiedliche Reifungszeiten. Ein weiterer Erfolgsfaktor sei die Wahl der Sorte. Diese müsse spezifisch an den Standort und die Produktion auf freiem Feld angepasst sein. Neben den Anbauenden und Herstellenden nehmen auch Konsumierende an dem Versuch teil. Momentan sind sieben bewilligte Pilotversuche in der Schweiz am Laufen.

Cannabisanbau: Status quo in der Schweiz

In der Schweiz ist es verboten, Cannabis anzubauen, zu importieren, herzustellen oder zu verkaufen. Trotz dieses Verbots ist der Konsum verbreitet, der Schwarzmarkt blüht und die Sicherheit der Konsumierenden so nicht gewährleistet. Angesichts dieser unbefriedigenden Situation hat das Parlament beschlossen, im Betäubungsmittelgesetz für eine beschränkte Dauer von zehn Jahren die Möglichkeit zu schaffen, die Auswirkung von neuen Regelungsansätzen in Bezug auf den Umgang mit Cannabis zu prüfen. Die neue Gesetzgebung gestattet die Durchführung von Pilotversuchen zum nichtmedizinischen Konsum von Cannabis durch Erwachsene. Dieses Vorgehen soll eine fundierte wissenschaftliche Grundlage für mögliche Entscheide zur Ausgestaltung der Cannabisregelung liefern. jba.

 

Was sind die Ziele des Pilotprojektes des BAG?

– Eine wissenschaftliche Grundlage schaffen für eine zukünftige gesetzliche Regelung von Cannabis.

– Die Versuche sollen Erkenntnisse über die Auswirkungen eines kontrollierten Zugangs zu Cannabis auf die physische und psychische Gesundheit und das Konsumverhalten liefern.

– Zudem lassen sich sozioökonomische Aspekte wie die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit (Absentismus) oder die Familie und die sozialen Beziehungen der Konsumierenden analysieren.

– Auch die Auswirkungen auf den lokalen Schwarzmarkt sowie den Jugendschutz und die öffentliche Sicherheit können Gegenstand der wissenschaftlichen Studien sein.

– Die konkreten Forschungsfragen werden von den jeweiligen Forschungsprojekten festgelegt. jba.

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