Nahrungsfasern halten körperlich und psychisch gesund
Dass Nahrungsfasern für ein reibungsloses Funktionieren des Darms unerlässlich sind, ist schon lange bekannt. Aktuelle Forschungen zeigen noch mehr: Nahrungsfasern und deren Abbauprodukte im Darm halten körperlich und psychisch gesund.

In der Natur sind Fasern ein Teil der Zellstruktur von Pflanzen. Lange Zeit wurden sämtliche Fasern tatsächlich nur als Ballast betrachtet, der einen trägen Darm ankurbelt. Heute wird unterschieden zwischen wasserlöslich und wasserunlöslich. Man geht davon aus, dass es kaum eine Facette der Gesundheit gibt, die nicht in irgendeiner Weise direkt oder indirekt mit dem Darm und den darin lebenden Bakterien zu tun hat. Die Bakterienvielfalt und die Bakterienarten wiederum haben damit zu tun, wie viele wasserlösliche Fasern und allgemein, welche Nahrungsmittel man häufig isst.
Glücksgefühl aus dem Darm
Es werden mehr als tausend verschiedene Bakterienarten im Darm geschätzt. Die Bakterien helfen nicht nur bei der Verdauung. Sie produzieren diverse Vitamine und zellschützende Substanzen. Sie produzieren kurzkettige Fettsäuren mit äusserst positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Das Mikrobiom neutralisiert oder aktiviert auch Arzneimittel und krebserregende Stoffe und schützt vor Krankheitserregern. Es stimuliert Abwehrzellen und hilft dadurch dem Immunsystem. Bakterienabbauprodukte sorgen für eine intakte Schleimhaut und somit eine gute Darmbarriere. Auch das Nervensystem und unser Gefühlsleben profitieren von den richtigen Bakterien. Über die Blutbahn gelangen Stoffwechselprodukte der Bakterien zu jeder Zelle im Körper und können sogar die Gehirnchemie steuern. Vieles deutet darauf hin, dass man mit den richtigen Keimen zu einem sozialeren und liebevolleren Menschen wird.
Das Glückshormon Serotonin zum Beispiel wurde bis anhin immer dem Gehirn zugeordnet, wo es Wohlbefinden, Zufriedenheit und eine bessere Konzentration bewirkt. Der notwendige Ausgangsstoff, der Eiweissbaustein Tryptophan, allerdings, kommt aus dem Darm. Er überwindet problemlos die Blut-Hirn-Schranke. Nur wenn der Darm genügend Tryptophan produziert, kann das Gehirn diesen Grundstoff für die Serotoninproduktion nutzen und die Stimmung aufhellen. Obwohl noch grosser Forschungsbedarf besteht, gibt es schon heute genügend Beweise über eine grosse Anzahl an gesundheitsfördernden Zusammenhängen.

Wasserlöslich und -unlöslich
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen löslichen und unlöslichen Fasern. Wasserunlösliche Fasern, wie etwa Zellulose aus Weizenkleie, werden im Darm kaum in ihrer Struktur verändert und praktisch unversehrt wieder ausgeschieden. Diese Fasern sind wortwörtlich Ballast, tragen aber zu einer besseren Darmperistaltik bei. Dadurch beschleunigen sie die Entgiftung und Ausscheidung im Darm. Aber nicht nur; daneben fungieren sie wie eine darmeigene Putzkolonne, weil sie während ihrer Passage durch den Darm schädliche Substanzen binden und abtransportieren. Auf diese Weise können potenziell schädliche Substanzen erst gar nicht lange auf die empfindliche Schleimhaut einwirken und diese schädigen.
Lösliche Fasern hingegen, wie etwa Pektin aus der Apfelschale, Inulin aus Hülsenfrüchten oder resistente Stärke, werden von den richtigen Bakterien zu kurzkettigen Fettsäuren zerlegt.
Kurzkettige Fettsäuren
Die unterschiedlichen kurzkettigen Fettsäuren sind es, die einen unschätzbaren Wert für unsere Gesundheit darstellen. Lösliche Nahrungsfasern sind Futter für die guten Darmbakterien, die diese Fettsäuren produzieren. Jede kurzkettige Fettsäure, die beim Abbau von löslichen Fasern entsteht, hat ihr eigenes Wirkspektrum. Buttersäure zum Beispiel wirkt schützend und aufbauend auf die Darmschleimhaut. Sie verhindert, dass der Darm zu durchlässig wird, wodurch nebst anderem das Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen reduziert werden kann.
Propionsäure fördert insbesondere die Produktion von Immunmodulatoren, die für ein gesundes und funktionstüchtiges Immunsystem sorgen. Wichtige gesundheitsfördernde Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien könnten ohne Nahrungsfasern gar nicht überleben. Indirekt steigern Fasern (Bakterienfutter) die Artenvielfalt im Darm, welches das wichtigste Kriterium für einen gut funktionierenden Darm und somit für eine gute Gesundheit ist.
Aufwärmen ist wertvoll
Das geht tatsächlich, weil dadurch bei stärkereichen Nahrungsmitteln wie Kartoffeln, Reis, Teigwaren resistente Stärke entsteht, die zu den löslichen Nahrungsfasern gehört. Lässt man stärkereiche Nahrungsmittel nach dem Kochen abkühlen, verändern sich die Stärkemoleküle – es entsteht resistente Stärke. Diese widersteht den Verdauungsenzymen im oberen Teil des Darms und gelangt bis in den Dickdarm. Resistente Stärke vermehrt diejenigen Bakterien, die daraus die entzündungshemmende Buttersäure produzieren.
Wer Nudeln, Reis oder Kartoffeln also für zwei oder drei Mahlzeiten kocht, im Kühlschrank aufbewahrt und entweder kalt als Salat oder wieder aufgewärmt isst, spart Zeit und tut sich Gutes.
Dazu gehören Kartoffelsalat aus Gschwellti-Resten, Nudel-, Reissalat, gebratener Reis, Rösti, aufgewärmte, gebratene Nudeln und vieles mehr. Auch wenn die abgekühlten Lebensmittel wieder erhitzt werden, zum Beispiel als Auflauf oder Bratkartoffeln, bleibt die resistente Stärke erhalten.
* Landwirtschaftliches Zentrum St. Gallen