Bäuerin hat Spass an langen Nächten im «Gitzihimmel»
Die zweifache Mutter Helen Rhyner-Luchsinger aus Elm betreibt nebst Mutterkuhhaltung die erfolgreiche Après-Ski-Bar «Gitzihimmel» im Wintersportort. Während ihr Mann als Baumeister tätig ist, führt sie diese seit 2019.
Bei der Anfahrt aufs «Oberhaus», wie der Betrieb von Rhyners im Weiler Steinibach bei Elm heisst, sticht das neue, stattliche Wohnhaus unterhalb der Strasse ins Auge. Direkt oberhalb steht das Wohnhaus, in welchem die Schwiegereltern Pankraz und Regula Rhyner leben, und noch etwas weiter am Hang das Herzstück des Betriebs, der Stall. Hier leben seit letztem Herbst Mutterkühe verschiedener Rassen. Dies, nachdem Peter und Helen den Betrieb 2020 übernommen und mit der durch Pankraz leidenschaftlich gelebten Milchwirtschaft und Braunviehzucht langsam abgebaut haben.

«Das definitive Umstellungsjahr 2024 war ein schwieriges, aber es hat sich gelohnt», blickt Helen Rhyner zurück auf die, vor allem für ihren Schwiegervater, herausfordernde Zeit. Die neun Mutterkühe und ihre gesunden Kälber sowie zehn Aufzuchttiere und zehn Ziegen machen mittlerweile der ganzen Familie viel Freude. Generationenkonflikte gebe es immer, diese kennt das junge Betriebsleiterpaar auch aus ihren anderen Arbeitsbereichen – zusammen mit Peters Eltern haben sie mit offener Kommunikation sowie durch geduldiges Verfolgen ihrer Zukunftspläne ohne Druck eine stimmige Basis für alle Beteiligten geschaffen.
Streicheleinheiten gefordert
Der Besuch im Stall berührt; die bald dreifache Mutter bewegt sich genauso wie der vierjährige Sebastian und die zweijährige Valeria gelassen im Laufhof mitten in der Mutterkuhherde. Sebastian macht einen kurzen Ritt auf der ehemaligen Milchkuh Gina und gibt dem Anguskalb Ferdinand seine geforderten Streicheleinheiten. Auch im Kälberschlupf bewegen sich die Kleinkinder mitten unter den ruhenden Kälbern, nennen sie alle beim Namen und kraulen sie. Man spürt sie, die Beziehung zwischen Mensch und Tier; der Alltag mit den Tieren, die Arbeit als Familienzeit.
Für Barbesitzerin Helen ist sie ein wichtiger Ausgleich, sie geniesst die Ruhe im Stall vor allem in den frühen Morgenstunden und dass sie ihre Kinder im Betriebsalltag immer dabeihaben kann.
Lange Nächte im «Gitzihimmel»
Die gesellige Barkeeperin schätzt den Kontakt zu Menschen aber genauso und kann die beiden Welten optimal verbinden. «Manchmal ist man auch ein bisschen Psychologin», sagt sie lachend auf die Frage zu den langen Nächten in der Bar, die regelmässig bis in die frühen Morgenstunden dauern. Seit 2019 ist sie Geschäftsführerin im «Gitzihimmel», dem Treffpunkt und Après-Ski-Hotspot von Elm. Zusammen mit ihrem Mann Peter und je einem Geschwister haben sie mit dem Kauf aus dem seit 2009 bestehenden Lokal eine AG gegründet. Nachdem die gelernte Bäckerin-Konditorin ihre Selbstständigkeit in einer Bäckerei in Walenstadt aufgab und 2018 nach Elm kam, ergab sich für die «Macherin» damit eine neue Chance. Ihr Unternehmergeist scheint in die Wiege gelegt, denn ihre Eltern führen nebst dem Landwirtschaftsbetrieb auch ein Transport- sowie ein Forstunternehmen in Mitlödi.
Nebst einer Vollzeitangestellten führt Helen den «Gitzihimmel» mit Unterstützung einiger Aushilfsarbeitskräfte. Dennoch steht sie praktisch jeden Freitag und Samstag an der Bar und ist auch unter der Woche täglich vor Ort, denn in den Wintermonaten hat der «Gitzi» – wie die Bar von Einheimischen genannt wird – immer offen.
«Im Sommer haben wir ’nur‘ am Wochenende offen», sagt Rhyner über die ruhigere Zeit, in der dafür die Heuernte ansteht. Schon in den Herbstmonaten geht es wieder los, wenn grössere Feste wie das Oktoberfest oder die Älplerchilbi auf dem Plan stehen.

Mehrere Standbeine
Die Arbeitsbelastung durch unterschiedliche Standbeine sagt dem seit 2020 verheirateten Ehepaar zu. «Wir sind beide Macher und brauchen eine gewisse Auslastung, wir probieren lieber etwas aus und schauen, ob es geht, statt lange darüber nachzudenken», so Helen auch über den in Eigenregie getätigten Stallumbau im Sommer 2024. Für den Familienalltag setzen sie jedoch klar ihre Grenzen und sorgen dafür, dass der Sonntag nebst der Stallarbeit nicht ausgelastet wird.
Bei der winterlichen Alltagsarbeit im Stall funktioniert das Team – bestehend aus zwei Generationen – nach Arbeitsplan, sodass stets klar ist, wer die Stallarbeit erledigt. «Die familiäre Zusammenarbeit und unser gut funktionierendes Umfeld sind extrem wichtig – denn auch wenn wir weitere Hilfe benötigen, beispielsweise bei der Heuernte, können wir stets auf Unterstützung zählen.»
Ausgleich im Stall
Bei der Arbeit mit den Tieren fühlt sich die 32-Jährige geerdet und geniesst den Kontrast zum lauten Nachtleben. Zusammen mit ihren Schwiegereltern übernimmt sie einen grossen Teil der Stallarbeit. Sie achten dabei auf einen ruhigen Umgang und Bezug zu den Tieren, was zu einer auf Menschen sehr zahm reagierenden Herde führt.
Mit eigener Aufzucht möchten Rhyners ihre Herde auf 15 Muttertiere ausbauen. Auch für den Anbindestall nebenan, in dem aktuell die Rinder untergebracht sind, planen Rhyners während Schlechtwetterperioden im Sommer einen Umbau zum Laufstall.
Schon flitzt Sebastian gefolgt von seiner Schwester durch das Holztor zu den Ziegen. Sofort versammeln sich diese um die Kleinkinder und beobachten danach interessiert ihr aktives Tun.
«Ich wollte immer Bäuerin werden, im Oberhaus bin ich angekommen», schwärmt Helen Rhyner-Luchsinger, während sie zufrieden ihre Kinder inmitten der Tiere beobachtet. Im Sommer kommt ein weiteres Geschwister dazu, trotz oder vielleicht gerade deswegen strotzt die Landwirtin und Unternehmerin nach wie vor voller Tatendrang.