Marc Roth – Hufschmied-Abenteuer in Kanada

Der junge Oberhelfenschwiler Marc Roth wird im Toggenburg in absehbarer Zeit seinen Beruf in Selbstständigkeit ausüben. Bevor es so weit ist, hat er die Möglichkeit genutzt, den Berufskollegen in Kanada über die Schultern zu schauen.

Marc Roth mit dem Kutscherpferd Rex, das zu beschlagen ist.
Marc Roth mit dem Kutscherpferd Rex, das zu beschlagen ist. Bilder: zVg.

Drei Monate lang war der 22-jährige Marc Roth diesen Winter in Kanada an der Arbeit. Kalt sei es dort gewesen. «Aber von den Menschen habe ich viel Wärme empfangen.» Viel zu schnell sei die Zeit des Auslandaufenthalts abgelaufen. Täglich habe er Interessantes gesehen und erlebt. «Diese drei Monate kann man getrost als hervorragende Lebensschule bezeichnen.» Den Beruf Hufschmied übt Marc Roth mit viel Leidenschaft aus. Nach vereinzelten Teilnahmen an Wettkämpfen will er dies in Zukunft vermehrt tun. Nach der Lehre bei Beni Scherrer in Dietfurt arbeitete der Bauernsohn weiterhin dort. Auch im Militär war er als Hufschmied eingeteilt, was die Rekrutenschule erträglich gemacht habe. «Weltkultureller Austausch» bietet in verschiedenen Berufssparten einen organisierten Aufenthalt im Ausland an. Diese Gelegenheit wollte Marc Roth nutzen und plante eine Arbeitsreise in Kanada.

Englische Sprache auffrischen

«Bald einmal wurde ich von einer zuständigen Frau kontaktiert. Zum Glück geschah dies auf schriftlichem Weg. Mein Englisch war nicht besonders gut und ich musste oft nachblättern, um die Sache richtig zu verstehen.» Der Flug via Frankfurt nach Vancouver dauerte zehn Stunden. Auf jenem riesigen Flughafen sei er dann eine Stunde lang herumgeirrt, bis er den Taxistand gefunden habe. Dann ging es aber richtig los. Kaum war er bei Ian Ritchie, seinem Betreuer angekommen, bekam Marc Roth die erste Arbeit vorgesetzt: sofort in die Arbeitsschürze und gleich das erste Pferd beschlagen. Mit diesem in Kanada bekannten Hufschmied habe das Verhältnis rasch gut funktioniert. «Ian Ritchie zeigte echte Freude daran, dass mein Interesse gross war und ich den Beruf einigermassen beherrschte.» Marc Roth war beeindruckt von der ruhigen, aber zielgerichteten Arbeit des 52-jährigen Kanadiers. Da sei es bald klar gewesen, weshalb dieser in Kanada oft Hufschmied-Wettkämpfe gewann. Er zeigte dem jungen Schweizer ausführlich, wie ruhig und präzise er die Schnitte oder Schläge am Huf ausführt. «Anders als in der Schweiz steht in Kanada kein Aufheber zur Verfügung, der dir den Huf hält beim Beschlagen. Man macht das allein.» Anfangs habe bei ihm dieser Arbeitsvorgang auf diese Weise viel zu lange gedauert. Doch mit der Zeit sei dann schon Routine und somit ein besseres Tempo aufgekommen.

Genauigkeit ist nicht nur beim Wettkampf gefragt.
Genauigkeit ist nicht nur beim Wettkampf gefragt.

Wettkampf in Kanada

Drei Wochen lang war Marc Roth mit Ian Ritchie unterwegs. Täglich fuhren sie zu Reitställen. Dort sei nicht immer ein fester Platz vorhanden gewesen. Manchmal habe es dazu noch geregnet und die Pferde seien folglich mit arg verschmutzten Hufen aufgekreuzt. «Einen Zeitdruck, wie er in der Schweiz oft vorhanden ist, erlebte ich dort aber selten. Man begann nicht frühmorgens oder arbeitete bis in die Nacht hinein.» Marc Roth wohnte in einem Camper. Dieser stand neben Ritchies Haus, in dem er duschen konnte und auch sonst willkommen war. Am Abend war Marc Roth aber oft in der Werkstatt anzutreffen. Dort habe er Hufeisen geschmiedet ohne Ende. Dies als Vorbereitung für einen anstehenden Hufschmiede-Wettkampf, an dem Ian Ritchie und Marc Roth teilnehmen wollten. In seiner Kategorie klassierte sich der Schweizer schliesslich unter 17 Teilnehmern auf dem dritten Rang. Damit hatte er sein Zielpodestplatz erreicht und freute sich auch mit seinem Betreuer, der den Wettkampf souverän gewann.

Auf Elchjagd

Verschiedene Berufskollegen boten dem Schweizer danach Einsicht in ihre Tätigkeit. Bei einem von ihnen habe dann ein verlängertes Wochenende mit Elchjagd stattgefunden. Marc Roth wurde auch eine Schrotflinte ausgehändigt. Wildhühner waren von ihm zu schiessen, was ihm auch vier Mal gelang. Elche konnten keine erlegt werden, da nur geschützte Kühe gesichtet wurden. Dann ging es sechs Stunden Autofahrt nordwärts zum nächsten Hufschmied. «Diesen kann man als Überlebenskünstler bezeichnen. Ein äusserst kleines Wohnhaus und eine vier Mal grössere Werkstatt waren vorhanden.»

Geduscht wurde draussen bei Eiseskälte und die Toilette befand sich ebenfalls 15 Meter vom Haus entfernt. Einsam sei die Gegend gewesen und man habe weite Anfahrten zu Kunden unternommen.

In Kanada steht kein Aufheber zur Verfügung. Hufschmiede arbeiten alleine.
In Kanada steht kein Aufheber zur Verfügung. Hufschmiede arbeiten alleine.

Werkzeuge geschmiedet

Beim nächsten Arbeitsplatz standen sechs Clydesdale-Pferde im Stall. Mit diesen Kaltblütern unternahm jener Hufschmied Kutschen- und Schlittenfahrten. Dies passte Marc Roth, da er zu Hause auch schon Pferde eingespannt hatte. Auch hier sei sofort eine gute Harmonie aufgekommen. Auf diesem Betrieb wurden die Hufeisen noch selbst angefertigt und nicht gekauft, wie es sonst üblich ist. In jener Werkstatt fertigte Marc Roth Hämmer, Falzer, Nagellochbeisser und mehr an, Arbeitsgeräte, die er mit nach Hause nahm. Unterdessen hatte sich bei ihm die englische Sprache stark verbessert, was den Dialog mit seinen Betreuern klar erleichterte.

Das Gewehr bereit

Über die Weihnachtstage wohnte Marc Roth auf der Farm einer vor rund 50 Jahren ausgewanderten Schweizer Familie. Diese betrieb eine Farm mit rund 500 Tieren der Fleischrasse Angus. Die Betreuung der Tiere auf dem Feld wurde meist beritten ausgeführt.

Marc Roth half mit und transportierte auch Heuballen mit dem Traktor zur Herde. «Plötzlich stoppte der Chef seinen Traktor, schnappte sich das bereitstehende Gewehr und erschoss einen Kojoten. Ich war total überrascht über dieses in Kanada scheinbar normale Vorgehen.»

Diese Tiere wie auch Wölfe und Aasvögel seien konsequent zu erlegen, da sonst sofort Tierverluste in der Herde zu verzeichnen seien. Das erlegte Tier brachte der Landwirt in eine eigene Kadaverstelle im Freien. Diese war schutzbedingt mit Tierfallen eingezäunt.

Ein Traumerlebnis

Nach Neujahr neigte sich Marc Roths Kanada-Abenteuer dem Ende entgegen. «In den Ausgang ging ich dort nie, was ich aber nie vermisste.» Er habe viel gelernt und gesehen. Vor allem habe sich die Freude am Beruf Hufschmied noch mehr gefestigt. Ein grosser Dank gehöre «Weltkultureller Austausch» für die perfekte Organisation. «Dieses Abenteuer empfehle ich jedem Berufskollegen.»

Das könnte Sie auch interessieren

stgallerbauer.ch Newsletter
Seien Sie die Ersten, um neueste Updates und exklusive Inhalte direkt in Ihren E-Mail-Posteingang zu erhalten.
Anmelden
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link