Die Hofübergabe frühzeitig planen
Eine Hofübergabe sichert den Generationenwechsel und verhindert Konflikte. Beraterin Rita Schmid empfiehlt, sich frühzeitig mit der Planung zu beschäftigen. Dabei sind sowohl rechtliche als auch familiäre Aspekte entscheidend.
Frau Schmid, wann ist der ideale Zeitpunkt für die Übergabe des Hofs?
Rita Schmid: Das ist schwierig zu sagen. Grundsätzlich rate ich, sich ab dem 55. Lebensjahr Gedanken dazu zu machen. Eltern sehen vielleicht schon früh, wenn eines ihrer Kinder sich als Nachfolgerin oder Nachfolger eignen würde. Doch sie wollen keines dazu drängen. Heute lernen viele angehende Bauern zwei Berufe. Oft kommt noch ein handwerklicher Beruf wie beispielsweise Zimmermann oder Landmaschinenmechaniker dazu. Bei Frauen gilt dasselbe in anderen Zweitberufen. Das ist gut. Das braucht aber auch seine Zeit, vor allem wenn ein junger Bauer oder auch eine junge Bäuerin noch Erfahrungen ausserhalb des eigenen Heims und Betriebs sammeln will.
Gibt es Signale oder Indikatoren, die darauf hinweisen, dass der Zeitpunkt gekommen ist, den Betrieb zu übergeben?
Schmid: Leider mache ich in letzter Zeit oft die Erfahrung, dass Krankheiten die Menschen zu einer Lösung drängen. Ganz sicher ist es aber an der Zeit, wenn ein junger Bauer oder eine junge Bäuerin ernsthaft sein oder ihr Interesse anmeldet.
Welche langfristigen Vorteile hat eine rechtzeitige Planung für den Landwirt und die Nachfolgegeneration?
Schmid: Wichtig ist sicher, die mögliche Wohnsituation von Jungen und Alten vor Augen zu haben. Das muss zwischen Jung und Alt kommuniziert werden. Manchmal wird das auch bei mir in der Beratung thematisiert, vor allem wenn man sich nicht einig wird. Falls es Sinn macht oder gar der Wunsch der Jungen ist, kein Mehrgenerationenhaus zu bewohnen, ist eine solche Umstellung vor allem für die Senioren einfacher, wenn das früh in die Wege geleitet wird. Je älter jemand wird, desto schwieriger wird dies meistens. Wie heisst es doch: «Man soll einen alten Baum nicht verpflanzen.»
Welche ersten Schritte empfehlen Sie, wenn jemand über die Übergabe seines Betriebs nachdenkt?
Schmid: Wenn es um finanzielle und rechtliche Fragen geht, empfehle ich, mit dem Bauernverband Kontakt aufzunehmen. Dort gibt es gute Fachleute. Wenn es um zwischenmenschliche oder psychologische Fragen geht, um Probleme innerhalb der Familie zu lösen, stellt der Bauernverband zu guten Bedingungen Coaches zur Verfügung, wie beispielsweise meine Kollegen oder mich. Dabei sind die ersten vier Beratungsstunden kostenlos, sofern man Mitglied des Verbands ist, und danach gibt es Vergünstigung für weitere zehn Beratungsstunden.
Was sollten Landwirte berücksichtigen, wenn sie die Übergabe vor ihrem Pensionsalter anstreben?
Schmid: Zuerst die finanzielle und versicherungstechnische Situation. Ist es nötig, dass sie noch etwas dazu verdienen, und wenn ja, was und wo möchten sie das machen? Generell: Wie soll ihr Leben danach aussehen? Wollen sie weiterhin auf dem Hof arbeiten oder nicht? Ist das auch von den Jungen gewünscht? Wenn Ersteres der Fall ist, sind Gespräche mit den Nachkommen und klare Regelungen vonnöten. Es empfiehlt sich auch, schriftliche Vereinbarungen zu treffen und sich beraten zu lassen.
Welche Überlegungen sollten in die Planung einfliessen (finanziell, familiär, rechtlich)?
Schmid: Wenn mehrere Kinder da sind, braucht es erst einmal eine Bedürfnisabklärung. Wer hat wo und wie viel Interesse? Wenn ein Kind übernehmen will, dann ist es gut, wenn die anderen damit einverstanden sind. Diese wollen wissen, ob ihnen auch noch etwas zusteht und was und wie viel. Dazu rate ich, den Bauernverband mit seinen Fachpersonen miteinzubeziehen. Gibt es in dieser Auseinandersetzung Konflikte, sind sowohl die Coaches als auch die Finanzberater des Bauernverbands gefragt.
Was sind die häufigsten Fehler oder Fallstricke, die bei der Hofübergabe gemacht werden?
Schmid: Wenn zu wenig abgesprochen wird und man meint, das schaffen wir schon. Wenn man zu lange zuwartet und zu viel dem Zufall überlassen wird. Auch wenn man zu wenig schriftlich regelt.
Welche Missverständnisse treten häufig auf, und wie können diese vermieden werden?
Schmid: Wenn die Betroffenen meinen, es müsse alles wie schon immer weitergehen. Es ist wichtig, dass die Jungen auch ihren eigenen Weg gehen und Neues ausprobieren dürfen. Ein Missverständnis kann auftreten, wenn die Senioren dies als Missachtung oder Kritik an ihrem Weg auffassen würden, oder wenn der Nachfolger meint, er müsse genau so weiterfahren, wie die Eltern es vorgelebt haben. Das geht schon deshalb nicht, weil die Landwirtschaft sich ständig neuen Herausforderungen und Entwicklungen anpassen muss. Die Mutter eines jungen Bauern sagte mir einmal, Offenheit sei für sie das Wichtigste. Man müsse Türen öffnen, für sich selbst und die Jungen.
Wie geht man mit Konflikten um, die in der Familie entstehen können, wenn der Hof an die nächste Generation übergeht?
Schmid: Miteinander reden und auf die Fragen und unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Personen eingehen. Da ist es oft wichtig, dass eine aussenstehende, allparteiliche Person, wie beispielsweise ein Mediator oder eine Mediatorin, solche Gespräche leitet und moderiert.
Was sind die Schlüsselfaktoren, die eine erfolgreiche Übergabe mit einem jungen Übergabepartner sicherstellen?
Schmid: Wenn man alle Beteiligten ernst nimmt und so zu einem Einverständnis aller kommt.
Wie können Sie als Coach dabei helfen und welche Unterstützung bieten Sie Landwirten, die ihre Hofübergabe planen?
Schmid: Ich bin gerne bereit, alle Beteiligten in ihren Fragen und Bedürfnissen ernst zu nehmen und diese in gemeinsamen oder auch Einzelgesprächen mit ihnen zu besprechen. Sodass möglichst friedvolle Wege gefunden werden können. Das ist möglich, auch wenn es Auseinandersetzungen gibt. Unfrieden würde alle Teile weit über den Generationenwechsel hinaus belasten. Als Coach und Mediatorin ist mir das Finden friedvoller Wege ein Herzensanliegen.
Zur Person
Rita Schmid ist in bäuerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Bauernfamilien liegen ihr am Herzen. Sie ist diplomierte Mediatorin, Familien- und Paarberaterin und diplomierte psychologische Beraterin. Seit mehreren Jahren ist sie als Beraterin für den St. Galler Bauernverband tätig. pd./red.
